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Rechtsnatur und Formbedürftigkeit eines Brautgabeversprechens

BGH v. 18.03.2020 - XII ZB 380/19

Sachverhalt
Die Antragstellerin war deutsche Staatsangehörige und hatte mit dem Antragsgegner, der die libysche Staatsangehörigkeit besaß, in Deutschland eine Ehe geschlossen.1 Davor hatten die Beteiligten eine Trauungszeremonie nach islamischem Ritus abgehalten, bei der sie ein Schriftstück unterschrieben, das mit „Akt der Eheschließung” überschrieben war und eine Bestimmung enthielt, nach der der Antragsgegner der Antragstellerin als Mitgift eine Pilgerfahrt bezahlen sollte.2 Die Beteiligten lebten in Deutschland bis sie einige Jahre später rechtskräftig geschieden wurden.3 Die Antragstellerin hat erfolglos vor dem AG Wiesbaden und vor dem OLG Frankfurt einen Anspruch auf Bezahlung einer Pilgerreise nach Mekka geltend gemacht und schließlich Rechtsbeschwerde beim BGH eingelegt.4

Gründe
Die Rechtsbeschwerde wurde zurückgewiesen.5 Zunächst sei unter allen Gesichtspunkten des internationalen Privatrechts deutsches Sachrecht anzuwenden.6 Nach deutschem Recht stelle ein Brautgabeversprechen einen Vertrag dar, da die Verpflichtung zur Leistung der Brautgabe auf den übereinstimmenden Willenserklärungen der Eheleute beruhe.7 Die Brautgabe sei dem deutschen Recht als Rechtsinstitut unbekannt.8 Sie könne sich nicht als Ehevertrag gem. § 1408 Abs. 1 einordnen lassen, denn die Eheleute wollten nicht, dass die Brautgabe Auswirkungen auf den gesetzlichen Anspruch auf Zugewinnausgleich hat, sondern lediglich ihrem kulturellen und religiösen Hintergrund Rechnung tragen.9 Zudem sei das Brautgabeversprechen nicht als Unterhaltsvereinbarung i.S.d. § 1585c S. 1 BGB einzuordnen, da die Brautgabe weder bis zur Scheidung gestundet, noch die Brautgabe zum Zwecke der finanziellen Absicherung der Frau nach Beendigung der Ehe geschlossen worden sei.10 Eine Einordnung als abstraktes Schuldversprechen gemäß § 780 BGB scheitere an einem selbständigen Verpflichtungswillen des Mannes, der die Brautgabe nur aufgrund der konkret bezeichneten islamischen Trauungszeremonie versprochen habe.11 Schließlich sei das Brautgabeversprechen auch nicht als Schenkungsvertrag gemäß § 516 Abs. 1 BGB einzuordnen, da der Mann die Brautgabe nicht subjektiv unentgeltlich, sondern unter der Vorstellung versprochen habe, dadurch mit der Frau eine Ehe erst eingehen zu können.12 Somit stelle das Brautgabeversprechen einen familienrechtlichen Vertrag sui generis dar, der wegen seiner Ehebezogenheit eine grundsätzliche Übereinstimmung mit dem Rechtsinstitut der unbenannten Zuwendung aufweise.13

Des Weiteren bedürfe ein Brautversprechen zur Wirksamkeit in entsprechender Anwendung von § 518 Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung, um den Zuwendenden vor Übereilung zu schützen und beim Zuwendungsempfänger Zweifel hinsichtlich des Willens zur rechtsgeschäftlichen Bindung des Zuwendenden zu beseitigen.14 Folglich sei das Brautgabeversprechen gem. § 125 S. 1 BGB formnichtig, da es nicht notariell beurkundet wurde.15

Einordnung in die Rechtsprechung
Das Urteil folgt in seiner Beurteilung, dass das Brautgabeversprechen kein Ehevertrag16 oder abstraktes Schuldversprechen,17 sondern ein familienrechtlicher Vertrag sui generis ist,18 im Wesentlichen der älteren Rechtsprechung des BGH und der in der Literatur überwiegenden Ansicht. Das Formerfordernis war in der älteren Rechtsprechung und auch in der Literatur umstritten,19 denn der BGH hatte sich noch nicht abschließend zum Formerfordernis bei Brautgabeversprechen geäußert.20 Somit schafft das vorliegende Urteil diesbezüglich Klarheit.


1 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 2.

2 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 2.

3 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 2 f.

4 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 4; OLG Frankfurt v. 26.04.2019 – 8 UF 192/17; AG Wiesbaden v. 01.11.2017 – 537 F 77/17.

5 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 5.

6 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 12-19.

7 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 21.

8 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 21.

9 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 22 f.

10 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 25.

11 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 27.

12 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 28 f.

13 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 30.

14 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 36, 43, 46.

15 BGH v. 18.03.2020 – XII ZB 380/19, Rn. 33.

16 BGH v. 28.01.1987 – IVb ZR 10/86, Rn. 15 ff; Wurmnest, RabelsZ Juli 2007, Bd. 71, H. 3, S. 556.

17 BGH v. 14.10.1998 – XII ZR 66/97, Rn. 14-16; Obermann, NZFam 2015, 894, 897 f.

18 AG München v. 09.08.2018 – 527 F 12575/17, Rn. 26, Obermann, NZFam 2015, 894, 898; Koch, in: MüKo BGB, 9. Aufl. 2022, § 1363, Rn. 37.

19 Dafür: OLG Frankfurt v. 11.12.2019 - 4 UF 23/19, Rn. 45; AG München v. 09.08.2018 – 527 F 12575/17, Rn. 32-40; Majer, NZFam 2022, 58, 59; dagegen: OLG Saarbrücken v. 09.03.2005 – 9 UF 33/04, Rn. 46; Obermann, NZFam 2015, 894, 898.

20 Vgl. BGH v. 28.01.1987 – IVb ZR 10/86, Rn. 18 ff.; BGH v. 14.10.1998 – XII ZR 66/97, Rn. 2; BGH v. 09.12.2009 – XII ZR 107/08.

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