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Untersagung einer Beschneidungsfeier am Karfreitag

OVG NRW v. 19.02.2018 - 4 A 218/1

Sachverhalt
Der Kläger ist Betreiber eines Veranstaltungssaals und vermietete diesen an zwei aufeinanderfolgenden Karfreitagen an Familien für eine Beschneidungsfeier.1 Dabei wurden religiöse Texte vorgelesen, Reden gehalten und es spielte eine Liveband.2 Dies verstieß nach Ansicht der Beklagten gegen § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW, so dass sie dem Kläger die weitere Nutzung seines Veranstaltungssaals an Karfreitagen untersagte.3 Der Kläger erhob gegen die Untersagungsverfügung erfolglos Klage beim VG Köln.4

Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg.5 Die Untersagungsverfügung sei, wie schon vom VG angenommen, rechtmäßig.6 Die Feier unterfiele insgesamt dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW, da sie jedenfalls auch unterhaltende Elemente habe.7 Zudem sei keine Ausnahme vom Verbot gemäß § 10 FeiertagsG NRW gegeben, da der Karfreitag, nicht aber die Beschneidungsfeier ein kalendergebundener Feiertag sei.8 Somit müsse auch der religiös geprägte Teil der Feier, der dem Art. 4 Abs. 2 GG unterfiele, hinter dem Schutz des Karfreitags zurücktreten.9

Außerdem sei der § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW ausweislich seines weiten Wortlauts auf alle unterhaltenden Veranstaltungen außerhalb der Wohnung anzuwenden, unabhängig davon, ob die Veranstaltung im öffentlichen Gaststättenbetrieb oder mit einer geschlossenen Gesellschaft stattfinde.10 Diese Auslegung werde auch durch die Systematik der Norm, wonach die Verbote mit jedem seiner Absätze weiter ausgedehnt würden,11 und durch deren Sinn und Zweck, den Karfreitag als Tag der Trauer und der inneren Einkehr zu schützen, unterstützt.12 Die Gaststätte sei keine Wohnung i.S.d. Norm, denn in § 6 unterscheide das FeiertagsG NRW zwischen „Gaststätten” in Abs. 1 Nr. 4 und „Wohnungen” in Abs. 3 Nr. 2.13 Somit sei der Wohnungsbegriff im FeiertagsG NRW enger als der des Art. 13 GG, was mit den unterschiedlichen Schutzwecken, nämlich den Schutz des Karfreitag als stillen Feiertag bzw. dem Schutz der räumliche Sphäre zur Persönlichkeitsentfaltung, zu begründen sei.14 Das FeiertagsG NRW greife zudem nicht in Art. 13 GG ein und dieses müsse mithin nicht als eingeschränktes Grundrecht zitiert werden, da das FeiertagsG NRW lediglich die Nutzung der Wohnung einschränke, die durch die Abgrenzung der Wohnung vermittelte räumliche Privatsphäre jedoch unberührt lasse.15

Des Weiteren sei der Kläger zu Recht nach § 17 Abs. 1 OBG als Verhaltensstörer in Anspruch genommen worden, da er durch die Vermietung des Veranstaltungsaals als Zweckveranlasser für den Verstoß gegen § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW verantwortlich sei.16

Einordnung in die Rechtsprechung
Der Beschluss steht im Einklang mit anderen Urteilen, in denen zum Schutz des Karfreitags als stillen Feiertag öffentliche Veranstaltungen mit Tanz untersagt wurden. So hat das VG Gießen im Jahr 2012 entschieden, dass ein Verbot einer Versammlung i.S.d. Art. 8 Abs. 1 GG am Karfreitag rechtmäßig ist, da sie – unter dem Motto „Gegen das Tanzverbot an den Osterfeiertagen” – als Ausdrucksmittel Tanzelemente beabsichtigte.17 Zudem bestätigte der VGH Bayern im Jahr 2009 die Rechtmäßigkeit eines Verbots einer „Heidenspaß-Party” mit Live-Musik und Tanz am Karfreitag.18


1 VG Köln v. 10.12.2015 – 20 K 5562/14, Rn. 3, 5-7.

2 VG Köln v. 10.12.2015 – 20 K 5562/14, Rn. 3, 11.

3 VG Köln v. 10.12.2015 – 20 K 5562/14, Rn. 9 ff.

4 VG Köln v. 10.12.2015 – 20 K 5562/14.

5 OVG NRW v. 19.02.2018 – 4 A 218/16, Rn. 1 - 4.

6 OVG NRW v. 19.02.2018 – 4 A 218/16, Rn. 5.

7 OVG NRW v. 19.02.2018 – 4 A 218/16, Rn. 5; VG Köln v. 10.12.2015 – 20 K 5562/14, Rn. 33 f.

8 OVG NRW v. 19.02.2018 – 4 A 218/16, Rn. 5; VG Köln v. 10.12.2015 – 20 K 5562/14, Rn. 38 f.

9 OVG NRW v. 19.02.2018 – 4 A 218/16, Rn. 5; VG Köln v. 10.12.2015 – 20 K 5562/14, Rn. 41.

10 OVG NRW v. 19.02.2018 – 4 A 218/16, Rn. 8 f.

11 OVG NRW v. 19.02.2018 – 4 A 218/16, Rn. 9.

12 OVG NRW v. 19.02.2018 – 4 A 218/16, Rn. 10, 12.

13 OVG NRW v. 19.02.2018 – 4 A 218/16, Rn. 16 f.

14 OVG NRW v. 19.02.2018 – 4 A 218/16, Rn. 21, 23.

15 OVG NRW v. 19.02.2018 – 4 A 218/16, Rn. 26.

16 OVG NRW v. 19.02.2018 – 4 A 218/16, Rn. 33-36.

17 VG Gießen v. 25.10.2012 – 4 K 987/12.GI, Rn. 25 ff, vgl. VG Frankfurt v. 05.04.2012 – 5 L 1214/12.F,, Rn. 3, 8.

18 VGH Bayern v. 07.04.2009 – 10 BV 08.1494, Rn. 10 f., 27 ff.


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