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Schadensersatz gegen Personalvermittler wegen Diskriminierung aufgrund des Kopftuches

OLG Celle v. 13.02.2014 – 13 U 37/13

Sachverhalt
Nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt meldete sich eine kopftuchtragende Muslimin auf eine Stellenausschreibung einer Personalvermittlung. In einem Telefongespräch mit dem Personalvermittler äußerte dieser Bedenken gegenüber ihrem Kopftuch.1 Auf Nachfrage erklärte der Personalvermittler, dass das Kopftuch ein unterdrückendes religiöses Symbol sei, weshalb nicht absehbar wäre, wie Kunden dem gegenüberstünden.2 Ein Einstellungsgespräch könne nur vorgenommen werden, sofern sie auf ihr Kopftuch verzichte.3 Die Muslimin klagte später vor dem Landgericht erfolglos auf Geldentschädigung und legte sodann Berufung beim OLG Celle ein.

Gründe
Das OLG gab der Klägerin zum Teil Recht. Jedoch könne sich ihr Anspruch gegen die Personalvermittlung nicht aus § 15 Abs. 2 AGG ergeben, da sich dieser nur gegen den potentiellen Arbeitgeber richte.4 Zwar finde sich in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf keine ausdrückliche Beschränkung auf den Arbeitgeber. Gemäß Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG seien die Mitgliedsstaaten aber darin frei, die Sanktionen festzulegen, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung der Richtlinie zu verhängen seien, und dabei auch wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein sollen. Dies habe der Gesetzgeber in dem Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit §§ 6 ff. AGG abschließend geregelt. Sofern die Personalvermittlung erkennbar als Vertreter des potentiellen Arbeitgebers auftrete, müsse dieser sich für das Verhalten der Personalvermittlung gleichermaßen verantworten.5

Gegen die Personalvermittlung stehe der Klägerin jedoch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu.6 Es müsse sich hierbei um einen schwerwiegenden Eingriff handeln, dessen Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden könne.7 Die Diskriminierung aufgrund des Kopftuchs der Klägerin würde eine Geldentschädigung rechtfertigen.8 Dies ergebe sich bereits aus dem verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Verbot der Diskriminierung (Art. 3 GG, Art. 14 EMRK) sowie den Richtlinien des Rates 2004/113/EG und 2000/78 EG, nach denen auch Diskriminierungen in privatrechtlichen Beziehungen sanktioniert werden sollen. Dabei sei auch die gesetzgeberische Wertung durch das AGG zu beachten, nach dem der Nichtvermögensschaden mit einer nach dem Bruttolohn bemessenen Geldentschädigung bestimmt werden könne. Nach alledem stehe der Klägerin ein Anspruch auf Geldentschädigung i.H. eines Bruttolohns von 1.850 € zu.9

Einordnung in die Rechtsprechung
Das Urteil lässt sich in eine Reihe von Entscheidungen einordnen, in denen kopftuchtragenden Musliminnen aufgrund einer Diskriminierung wegen des Kopftuchs im Bewerbungsverfahren Geldentschädigungen zugesprochen wurden. Im Unterschied zur Entschädigung nach § 15 AGG, bei denen die Gerichte gemäß § 15 Abs. 2 AGG oft eine Entschädigung von 3 Bruttomonatslöhnen zusprechen,10 scheint die Höhe der Entschädigung im Rahmen des Auffangtatbestands nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gegen den Personalvermittler - im vorliegenden Verfahren mit einem Bruttomonatslohn - jedoch grundsätzlich geringer auszufallen.


1 OLG Celle v. 13.02.2014 – 13 U 37/13, Rn. 25.

2 OLG Celle v. 13.02.2014 – 13 U 37/13, Rn. 25.

3 OLG Celle v. 13.02.2014 – 13 U 37/13, Rn. 25.

4 OLG Celle v. 13.02.2014 – 13 U 37/13, Rn. 4 ff.

5 OLG Celle v. 13.02.2014 – 13 U 37/13, Rn. 5.

6 OLG Celle v. 13.02.2014 – 13 U 37/13, Rn. 12.

7 OLG Celle v. 13.02.2014 – 13 U 37/13, Rn. 16.

8 OLG Celle v. 13.02.2014 – 13 U 37/13, Rn. 17.

9 OLG Celle v. 13.02.2014 – 13 U 37/13, Rn. 31.

10 Etwa LArbG Rheinland-Pfalz v. 16.12.2019 - 3 Sa 132/19; ArbG Berlin v. 28.03.12 - 55 Ca 2426/12.

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