Die Bedeutung der Pflichtgebete im Arbeitsalltag
Als zentrales Element des muslimischen Glaubens stellen die fünf Pflichtgebete einen wesentlichen Bestandteil des Alltags eines Muslims dar. Das tägliche Verrichten dieser Gebete in bestimmten Zeitfenstern stellt dabei oftmals eine besondere Herausforderung dar, insbesondere im Arbeitsalltag. Diese Zeitfenster werden anhand des Sonnenstandes ermittelt, weshalb sie im Verlauf des Jahres variieren. So kann es der Fall sein, dass abhängig von der Jahreszeit mehr oder weniger Pflichtgebete während der Arbeitszeit zu verrichten sind. Diese religiöse Praxis lässt sich dabei auch komplett konfliktfrei in den Arbeitsalltag jedes Arbeitsnehmers integrieren, wenn ein respektvoller und geordneter Umgang mit den Bedürfnissen aller Beteiligten gepflegt wird. Eine wertvolle Orientierung, um einen Einklang zwischen religiösen Praktiken und den Anforderungen des jeweiligen Berufes herzustellen, bietet die Charta der Vielfalt (https://www.charta-der-vielfalt.de).
Rechtliche Grundlage
Im Lichte der Religionsfreiheit aus Artikel 4 des Grundgesetzes können auch Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse geltend machen, ihren Glauben im Arbeitsumfeld zu praktizieren. Hierunter zählt nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung auch das Verrichten der Gebete, vorausgesetzt die Arbeitsabläufe werden nicht beeinträchtigt.1 Auch nach der Charta der Vielfalt muss das Ziel eines jeden Arbeitgebers in Bezug auf seine Belegschaft darin bestehen, Rücksicht auf unterschiedliche religiöse Gepflogenheiten oder Weltanschauungen zu nehmen.
Damit religiöse Gepflogenheiten wie das Gebet in den Arbeitsalltag integriert werden können, bedarf es jedoch klarer Regelungen und eines offenen Dialoges zwischen allen Beteiligten.
Der Raum der Stille als Rückzugsort
Um den Mitarbeitenden das Beten während der Pausenzeiten zu erleichtern, können Arbeitgeber Rückzugsräume oder vergleichbare Alternativen schaffen. Ein diskret gelegener Raum schützt nicht nur die Privatsphäre der Betenden, zugleich werden auch mögliche Konflikte zwischen Betenden und Nicht-Betenden vorgebeugt.
Sensibilisierung der Belegschaft
Bei alldem sind Rücksichtnahme und ein gegenseitiges Verständnis unerlässlich. Während Nicht-Betende darauf achten sollten, die religiöse Praxis zu respektieren, sollten betende Mitarbeitende darauf achten, den Arbeitsablauf ihrer Kollegen nicht zu stören. Hierfür empfiehlt sich die Durchführung von Sensibilisierungsmaßnahmen wie Schulungen oder Vorträgen für die gesamte Belegschaft, um von vornherein Konflikte vorzubeugen. Solche Maßnahmen verdeutlichen, dass religiöse Praktiken Teil der Religionsfreiheit sind und keinerlei Bedrohung von ihnen ausgehen.
Vorteile für Arbeitgeber und Belegschaft
Die Integration des Gebets in das Arbeitsleben ist ein Schritt hin zu einer Arbeitskultur der Wertschätzung und Vielfalt, wie sie die Charta der Vielfalt fordert. Arbeitgeber profitieren von der Zufriedenheit ihrer Belegschaft, stärken ihre Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt und schaffen ein positives Betriebsklima. Mit klaren Regelungen und offener Kommunikation über die Bedürfnisse aller können Gebete ein natürlicher Bestandteil eines respektvollen beruflichen Miteinanders werden.
1 LArbG Hamm v. 18.02.2002 – 5 Sa 1782/01, abrufbar unter: https://www.recht-islam.de/urteile/id/die-gebetspause-des-arbeitnehmers/
Literaturhinweise
· Q&A, Beten auf der Arbeit, https://www.recht-islam.de/faq/beten-auf-der-arbeit
· Charta der Vielfalt, Dimension Religion und Weltanschaung, https://www.charta-der-vielfalt.de