© Africa Studio/Shutterstock.com

Kopftuchverbot unter 14 Jahren?

WÄRE EIN KOPFTUCHVERBOT FÜR SCHÜLERINNEN UNTER 14 JAHREN VERFASSUNGSWIDRIG?

Kurzantwort: Ein Kopftuchverbot für Schülerinnen unter 14 Jahren wäre nicht zulässig. Eltern haben bis zum vierzehnten Lebensjahr des Kindes das Recht, ihren Kindern die von ihnen für richtig gehaltene religiöse Überzeugung zu vermitteln. Der Staat darf dabei nicht eingreifen.

Ein Kopftuchverbotsgesetz für Schülerinnen unter 14 Jahren wäre verfassungswidrig.1  Zwar sind Kinder unter 14 Jahren grundsätzlich religionsunmündig im Sinne des § 5 Gesetz über die religiöse Kindererziehung (KerzG), jedoch nehmen die Eltern im Rahmen des elterlichen Sorgerechts als deren Vertreter dieses Recht nach Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz i.V.m. Artikel 4 Absatz 1 Grundgesetz wahr.2  Als Teil der Personensorge stellt die religiöse und weltanschauliche Erziehung jedenfalls bis zur Religionsmündigkeit des Kindes eine wichtige Rolle und einen untrennbaren Bestandteil der Eltern-Kind-Beziehung dar.Neben dem Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz genießen die Eltern ferner den Schutz durch das Grundrecht auf Religionsfreiheit gemäß Artikel 4 Grundgesetz.4
Eltern haben demnach das Recht, ihren Kindern, die von ihnen für richtig gehaltene religiöse oder weltanschauliche Überzeugung zu vermitteln und staatliche Maßnahmen abzuwehren, die beeinträchtigend in ihren persönlichen, grundrechtlich geschützten Bereich hineinwirken.Hiervon umfasst ist nicht nur die Zuweisung zu einer bestimmten Glaubensgemeinschaft, sondern auch das Einhalten von religiösen Geboten, Ritualen und anderen nach außen erkennbaren Handlungen.Den Eltern werden derart weitreichende Entscheidungsbefugnisse zuerkannt, weil das Kind selber ggf. seine Glaubens- und Bekenntnisfreiheit noch nicht voll ausüben kann. Ab dem Zeitpunkt der Religionsmündigkeit kann das Kind dann vollständig selbst entscheiden.7
Weder das staatliche Wächteramt nach Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz, noch der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag nach Artikel 7 Absatz 1 Grundgesetz oder das Gebot der weltanschaulich- religiösen Neutralität können einen Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht nach Artikel 6 Absatz 2 i.V.m. Artikel 4 Grundgesetz rechtfertigen.8  (siehe hierzu: Stellungnahme)

Wissenschaftlicher Dienst des deutschen Bundestages v. 26.01.2017, Schule u. Religionsfreiheit- Wäre ein Kopftuchverbot für Schülerinnen rechtlich zulässig?, Az. WD 3 – 3000 – 277/16, S. 17.

BeckOK, Grundgesetz/Germann, 38. Ed. 15.8.2018, GG, Art. 4 Rn. 27.

BeckOK, Grundgesetz/Uhle, 36.Ed.15.2.2018, GG Art. 6 Rn. 54.

BVerfG, Beschluss v. 17.12.1975, Az. 1 BvR 63/68, Rn. 98.

BVerfG, Beschluss v. 17.12.1975, Az. 1 BvR 63/68, Rn. 98; BeckOK, Grundgesetz/Uhle, 36.Ed.15.2.2018, GG Art. 6 Rn. 54.

Nomos-BR/Schmid, RelKErzG/Jürgen Schmid, 1. Aufl. 2012, RelKErzG § 1 Rn. 1.

Isensee, Grundrechtliche Konsequenzen wider geheiligt Tradition, in: JZ 2013, S. 317 (321); Saudinger/Salgo (2015), Anh. zu § 1631, § 1 RelKEG, Rn. 1.

Wissenschaftlicher Dienst des deutschen Bundestages v. 26.01.2017, Schule u. Religionsfreiheit- Wäre ein Kopftuchverbot für Schülerinnen rechtlich zulässig?, Az. WD 3 – 3000 – 277/16, S. 8 ff.

Um Ihnen ein besseres Nutzererlebnis zu bieten, verwenden wir Cookies. Durch Nutzung dieser Seite stimmen Sie unserer Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.