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Stellungnahme zum Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2023 (1 BvR 1661/21) zum Berliner Neutralitätsgesetz

A. Hintergrund
Eine kopftuchtragende Muslimin und Diplom-Informatikerin bewarb sich beim Land Berlin als Quereinsteigerin mit berufsbegleitendem Referendariat auf eine Stelle als Lehrerin in den Fächern Informatik und Mathematik.1 Bei ihrem Bewerbungsgespräch sprach sie ein Mitarbeiter der Bewerbungsstelle auf das Berliner Neutralitätsgesetzt an und sie erhielt in der Folgezeit weder eine Zu- noch eine Absage.2 Daraufhin machte sie beim Arbeitsgericht Berlin erfolglos einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wegen einer Benachteiligung wegen ihrer Religion gegen das Land Berlin geltend.3 Auf die Berufung der Klägerin verurteilte das Landesarbeitsgericht Berlin das Land Berlin zur Zahlung einer Entschädigung i.H.v. 5.159,88 Euro.4 Nach erfolgloser Revision beim Bundesarbeitsgericht5 erhob das Land Berlin gegen das letztinstanzliche Urteil eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht.

B. Entscheidung
Die Verfassungsbeschwerde des Landes Berlin wurde durch das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen.6 Damit besteht das Urteil des Bundesarbeitsgerichts, wonach das Neutralitätsgesetz verfassungskonform dahin auszulegen ist, dass es das Tragen des Kopftuchs bei Lehrerinnen nur bei Vorliegen einer konkreten Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität verbietet, weiterhin fort.7 Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hat darauf mit einem Schulschreiben reagiert, in dem es von ihrer bisherigen Rechtsauffassung, dass für muslimische Lehrerinnen das Tragen eines Kopftuchs aufgrund des Berliner Neutralitätsgesetzes pauschal verboten sei, abrückt und die Anstellung von Lehrerinnen mit Kopftuch nunmehr erlaubt.

B. Stellungnahme
Das Land Berlin hat jahrelang das Kopftuch II Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das ein pauschales Kopftuchverbot für Lehreinnen an öffentlichen Schulen für verfassungswidrig erklärt,8 missachtet und somit geltendes Recht ignoriert. Durch den Nichtannahmebeschluss ohne eine Begründung zeigt das Bundesverfassungsgericht, dass dies nicht gerechtfertigt war. Die Leitlinien des Bundesverfassungsgerichts scheinen nun endlich in Berlin angekommen zu sein. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hat durch ein Schulschreiben die geltende Rechtslage anerkannt und, wie es schon lange überfällig war, das pauschale Kopftuchverbot für Lehrerinnen in Berlin aufgebhoben.


1 BAG, Urteil vom 27. August 2020 – 8 AZR 62/19, Rn. 2.

2 BAG, Urteil vom 27. August 2020 – 8 AZR 62/19, Rn. 3, 5.

3 ArbG Berlin, Urteil vom 24. Mai 2018 – 58 Ca 7193/17.

4 LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. November 2018 – 7 Sa 963/18.

5 BAG, Urteil vom 27. August 2020 – 8 AZR 62/19.

6 BVerfG, Kammerbeschluss ohne Begründung vom 17. Januar 2023 – 1 BvR 1661/21.

7 BAG, Urteil vom 27. August 2020 – 8 AZR 62/19, Rn. 57, 66.

8 BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 BvR 471/10, Rn. 80, 101, 112-116, 120.

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