Ist es möglich in Deutschland nach islamischen Regeln bestattet werden?
Kurzantwort: Islamische Bestattungen sind je nach religiöser Auffassung in Deutschland grundsätzlich möglich. Vor allem bei Friedhöfen mit islamischen Friedhofsträgern lassen sich die islamischen Bestattungsvorgaben am Besten umsetzen. Es gibt jedoch nur sehr wenige muslimische Friedhöfe in Deutschland. Bei Friedhöfen mit nicht islamischen Friedhofsträgern kommt es häufig zu Konflikten mit den islamischen Bestattungsvorgaben, wobei es dabei auch regionale Unterschiede gibt. Konflikte betreffen insbesondere die rituelle Waschung, die Sargpflicht, die Mindestbestattungsfrist sowie das ewige Ruherecht.
In Deutschland obliegt die Regelung von Bestattungen den jeweiligen Bundesländern. Diesen Rahmenbedingungen müssen die Städte und Gemeinden folgen. Dies führt zu erheblichen Unterschieden bei der Handhabung islamischer Bestattungen.
Muslimische Friedhofsträger
Die Gründung von Friedhöfen ist in allen Bundesländern, mit Ausnahme von Berlin und Nordrhein-Westfalen wo auch muslimische Vereine Friedhöfe betreiben können, beschränkt, da die Trägerschaft auf juristische Personen des öffentlichen Rechts bzw. Kommunen sowie Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts beschränkt sind. Mangels dieses Körperschaftsstatus der meisten islamischen Gemeinschaften können islamische diese nicht Friedhofsträgers sein und folglich auch nicht über Friedhöfe verfügen.
Nichtmuslimische Friedhofsträger
Beispiele für die unterschiedliche Handhabung sind1:
Rituelle Waschung: Spezielle Regelungen zur rituellen Waschung gibt es nur in Baden-Württemberg und Berlin, in anderen Ländern fehlt dies. In Baden-Württemberg können die für die rituellen Waschungen erforderlichen Einrichtungen auch außerhalb der Verantwortlichkeit der Friedhofsträger liegen.2In Berlin ist eine Genehmigung der Waschräume durch das jeweilige Bezirksamt erforderlich.3
Sargpflicht: Nur Sachsen4 und Sachsen-Anhalt5 bestehen auf eine Sargpflicht, während Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen Bestattungen im Leichentuch generell erlauben. Ausnahmen von der Sargpflicht sehen Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Saarland und Schleswig-Holstein aus „religiösen Gründen“6 vor während Niedersachsen und Thüringen eine Ausnahme von der Sargpflicht aus „wichtigen Gründen“7 vor.
Mindestbestattungsfrist : Die Mindestbestattungsfrist regelt den Mindestzeitraum, der zwischen Eintritt des Todes und der Beisetzung im Grab verstrichen sein muss. Meist beträgt die Frist 48 Stunden, verkürzt sich jedoch in Brandenburg, Hessen und Saarland aus religiösen Gründen8, in Niedersachsen aus wichtigem Grund9, in Bayern, Rheinlandpfalz bei berechtigtem Interesse10 und in Bremen und Thüringen ganz allgemein11. In Mecklenburg-Vorpommern12 und Nordrhein-Westfalen13 liegt die Mindestbestattungsfrist bei 24 Stunden. In Hamburg und Baden-Württemberg äußern sich die Gesetze nicht zur Mindestbestattungsfrist. Somit ist die islamisch vorgesehene zügige Bestattung in der Theorie möglich, wobei in der Praxis Bürokratie (Todesbescheinigung und Sterbeurkunde) oft die Bestattung verzögert.
Ewiges Ruherecht: Die gesetzlichen Mindestruhezeiten reichen von 15-25 Jahre. Höchstruhezeiten wurden gesetzlich nicht festgesetzt. Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein fordern bei der Festlegung der Ruhezeit die Religionsfreiheit zu berücksichtigen14 und Berlin, Brandenburg sowie Thüringen die Ruhezeit aus religiösen Gründen auf Dauer festzulegen15. Grundsätzlich sehen die Gesetze der Länder jedoch keine ewige Ruhe vor bzw. nur in Ausnahmefällen.
Angesichts dieser komplexen Regelungen, die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind, ist es ratsam, sich frühzeitig über die spezifischen Bestimmungen zu informieren.
1 Mathias Sören Holland, 2015, Muslimische Bestattungsriten und deutsches Friedhofs- und Bestattungsrecht, KWI-Arbeitshefte (23)
2 § 4 Abs. 3 S. 2 BestattVO
3 § 10a BestattG BE
4 § 16 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 BestGzz5 § 15 Abs. 1 S. 1 BestG
6 § 39 Abs. 1 S. 3 BestG BaWü, § 30 Abs. 2 BestVO Bay, § 18 Abs. 2 S. 1 BestG Bln, § 4 Abs. 4 S. 1, 2 BestG Brem, § 1 Abs. 4 BestVO Hmb, § 18 Abs. 2 S. 1 FBG Hess, § 13 Abs. 1 S. 3 BestG Rlp, § 34 Abs. 1 S. 2 Saar, § § 26 Abs. 4 S. 1 BestG, SchlH
7 § 11 Abs. 1 S. 2 BestG Nds, § 23 Abs. 1 S. 2 BestG Thür
8 § 22 Abs. 1 BestG Bbg, § 16 Abs. 1, 4 FBG Hess, § 29 Abs. 1, 4 Nr. 2 BestattG Saar
9 § 9 Abs. 1 S. 1 Bestatt Nds
10 § 18 Abs. 1, 2 BestattVO Bay, § 15 Abs. 1, 2 BestattG Rlp
11 § 16 Abs. 1 LeichenG Brem, § 20 Abs. 1 S. 1, 2 BestattG Thür
12 § 11 Abs. 2 Bestatt G
13 § 13 Abs. 2 S. 1 BestG
14 § 22 Abs. 2 S. 1 BestG LSA, § 23 Abs. 2 S. 2 BestG SchlH
15 § 11 Abs. 1 S. 2 FrG Bln, § 32 Abs. 1 S. 2 BestG Bbg, § 31 Abs. 1 S. 2 BestG Thür