Versagung der Einbürgerung wegen der Unterstützung der IGMG
Ein Antrag eines Vorsitzenden des Ortsvereins der IGMG auf Zulassung der Berufung aufgrund der Versagung der Einbürgerung im Ausgangsverfahren, kann keinen Erfolg haben, wenn das VG im Ausgangsverfahren jede Aussage des Einbürgerungsbewerbers hinreichend berücksichtigt hat und auch sonst keine Zulassungsgründe ersichtlich sind. Vor allem schlägt die Behauptung, das VG habe die Erkenntnisse aus den Verfassungsschutzberichten bzgl. der IGMG unkritisch übernommen, fehl, wenn das VG ausdrücklich eine eigene Bewertung des Tatsachenmaterials vorgenommen hat. (Leitsatz der Redaktion)
Beschluss: Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. […]
Gründe: I. |
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Das Verwaltungsgericht hat die auf Einbürgerung gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, dass ein nach § 102a AuslG zwingender Versagungsgrund im Sinne von § 86 Nr. 2 AuslG bestehe; denn tatsächliche Anhaltspunkte rechtfertigten die Annahme, dass der Kläger durch seine Tätigkeit als stellvertretender Vorsitzender eines Ortsvereins der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) Bestrebungen unterstützt habe, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien. |
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Dagegen wendet sich der Kläger mit dem auf mehrere Zulassungsgründe gestützten Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt. II. |
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe seine oberflächliche und unschlüssige Einschätzung der IGMG unkritisch aus verschiedenen Verfassungsschutzberichten entnommen, in denen angebliche Aussagen einzelner Personen wiedergegeben wären, deren Identität und Zugehörigkeit zur IGMG fraglich seien. Diese Aussagen könnten schon gar nicht ihm, dem Kläger, zugerechnet werden. Zudem sei ihm mit Bescheid vom 13. Februar 1998 die Einbürgerung zugesichert worden, wovon sich der Beklagte mangels Änderung der Sachlage nicht lösen dürfe. |
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1. Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; denn es genügt bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird […]. Dazu muss sich die Antragsbegründung substanziell mit der Argumentation der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Daran fehlt es: |
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Die gerichtliche Bewertung der IGMG bestreitet der Kläger in unsubstantiierter Weise und stellt den sorgfältigen und differenzierten Erwägungen des Verwaltungsgerichts lediglich unzutreffende Einzelbehauptungen sowie eine pauschale eigene Einschätzung, aber keine schlüssige Gegenargumentation gegenüber. Entgegen seiner Behauptung hat das Verwaltungsgericht die in den Verfassungsschutzberichten aufgeführten Erkenntnisse keineswegs unkritisch übernommen. Es hat vielmehr ausdrücklich eine eigene Bewertung des Tatsachenmaterials vorgenommen […] und gerade nicht aus der bloßen nachrichtendienstlichen Beobachtung dieser Organisation und der Mitgliedschaft des Klägers nachteilige Schlüsse gezogen. Der nicht in hinreichender Weise substanziierte Vorwurf, die Entscheidung auf ungesicherte Zitate von nicht der IGMG zuzuordnenden Personen gestützt zu haben, liegt neben der Sache. Das angefochtene Urteil bezieht sich in wesentlichem Umfang auf Aussagen namentlich genannter hoher Funktionäre oder Anhänger der Organisation, teils in oder gegenüber der in den Verfassungsschutzberichten (bloß) wiedergegebenen Zeitung „Milli Gazete“, mag diese nun offizielles „Sprachrohr“ der IGMG sein oder nicht. Wenn der Kläger - insoweit konkret – behauptet, die vom Verwaltungsgericht zitierte türkische Schriftstellerin Emine Senlikoglu stehe in überhaupt keinem Zusammenhang mit der IGMG, „außer dass es sich ebenfalls um eine türkische Staatsangehörige handelt“, so übersieht er, dass nach dem vom Verwaltungsgericht verwerteten Verfassungsschutzbericht des Bundesministerium des Innern […] diese Schriftstellerin in verschiedenen Moscheen der IGMG Vorträge gehalten hat und ihre Bücher in einem Buchkatalog der IGMG angeboten werden, mithin eine ideologische Nähe nicht von der Hand zu weisen ist. Darüber hinaus fehlt bereits im Ansatz eine Auseinandersetzung mit demjenigen Gesichtspunkt, auf den das Verwaltungsgericht seine Einschätzung der IGMG entscheidungstragend gestützt hat, dass nämlich das in den Reden und Publikationen zum Ausdruck kommende Fernziel der IGMG, religiöse Verhaltenscodices wie die Scharia zur ausschließlichen Grundlage staatlichen Handelns zu machen, in Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes steht […]. |
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Vor diesem Hintergrund geht auch der Einwand fehl, der Kläger selbst unterstütze keine „verfassungsfeindlichen“ Ziele. Die Einbürgerung ist nämlich bereits ausgeschlossen, wenn ein tatsachengestützter hinreichender Tatverdacht auf Unterstützung der Bestrebungen im Sinne von § 86 Nr. 2 besteht, wobei als Unterstützung jede eigene Handlung anzusehen ist, die für inkriminierte Bestrebungen objektiv vorteilhaft ist; die Sicherheitsklausel ist mithin weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung darstellen […]. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger als langjähriger stellvertretender Vorsitzender eines Ortsvereins im Dachverband der IGMG deren Bestrebungen objektiv unterstützt hat, drängt sich auf und wird durch die Behauptung im Zulassungsantrag, er habe die in den Verfassungsschutzberichten wiedergegebenen Äußerungen nicht gekannt, keineswegs erschüttert. |
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Ebenfalls unzureichend ist die Rüge, das Verwaltungsgericht habe der Einbürgerungszusicherung, die dem Kläger unter dem Vorbehalt einer Änderung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist, zu Unrecht keine Bindungswirkung zugesprochen. Der im Einzelnen belegten gerichtlichen Annahme, dass sich nach dem Erscheinen des Verfassungsschutzberichtes 1998 die Radikalisierung der IGMG in einer Weise konkretisiert habe, die als Änderung der Sachlage zu bewerten sei, hält der Kläger wiederum nur den pauschalen Vorwurf der Willkür entgegen. […] |
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