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Rechtsurteile

Unmittelbare Gefahr durch das Zeigen von Mohammed-Karikaturen

Das Zeigen von „Mohammed-Karikaturen“ während einer Versammlung stellt nur dann eine unmittelbare Gefahr i.S.d. § 15 Abs.1 VersG für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der Durchführung der Versammlung dar, wenn belegbar mit einer solchen Gefahr mit hoher Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist. (Leitsatz der Redaktion)


Beschluss:

Die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 06.05.2012 wird wiederhergestellt. [...]

 

Gründe:

 

Das Begehren der Antragstellerin ist ungeachtet dessen, dass sie sich mit einem "Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung" an das Gericht gewandt hat, dahingehend zu verstehen, dass sie sinngemäß beantragt,

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die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid vom 06.05.2012 wiederherzustellen.

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Die Antragstellerin hat für den begehrten einstweiligen Rechtsschutz keinen ausdrücklichen Antrag formuliert; aus der Antragsbegründung [...] ergibt sich jedoch, dass ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt werden soll.

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Mit diesem Inhalt ist der Antrag auch im Übrigen zulässig und hat in der Sache Erfolg.

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Der (Auflagen-)Bescheid vom 06.05.2012, mit dem der Antragstellerin auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 VersG untersagt worden ist, im Rahmen der für den heutigen Tag in C1. geplanten Versammlung "jegliche Art von 'Mohammed-Karikaturen' zu zeigen", erweist sich im Rahmen der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Überprüfung als rechtswidrig mit der Folge, dass das öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehbarkeit geringer zu gewichten ist als das Aufschubinteresse der Antragstellerin.

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Es kann auf der Grundlage der dem Gericht zur Verfügung stehenden Informationen nicht davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 1 VersG vorliegen. Danach kann die zuständige Behörde die Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

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Der Antragsgegner verweist insoweit darauf, dass es bei Veranstaltungen der Antragstellerin am 01.05.2012 in T1. und am 05.05.2012 in C2. zu zum Teil gewalttätigen Ausschreitungen gekommen sei, nachdem sog. Mohammed-Karikaturen gezeigt worden seien. Da die in C1. für den 07.05.2012 geplante Versammlung zu derselben Veranstaltungsreihe gehöre, müsse damit gerechnet werden, dass auch nach C1. bundesweit Salafisten anreisen würden. Nach den Erfahrungen mit den bisher von der Antragstellerin durchgeführten Versammlungen sei "davon auszugehen, dass durch Zeigen dieser Karikaturen während der Veranstaltung in C1. ebenfalls die Begehung erhebliche Straftaten provoziert" werde. Aufgrund dieser Gefährdungsbewertung werde das öffentliche Zeigen solcher Karikaturen bei der Versammlung untersagt.

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Diese Darlegungen reichen nicht aus, um davon ausgehen zu können, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach §15 Abs. 1 VersG mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Es ist schon nicht ausreichend erkennbar, auf welcher tatsächlichen Grundlage der Antragsgegner davon ausgeht, dass "auch nach C1. bundesweit Salafisten anreisen" werden. Soweit er dazu auf deren Präsenz bei den Veranstaltungen in T1. und C2. verweist, rechtfertigt dies mit Blick auf die zahlreichen anderen von der Antragstellerin durchgeführten Veranstaltungen, bei denen es offenbar - jedenfalls hat der Antragsgegner dies nicht vorgetragen - nicht zu Ausschreitungen gekommen ist, die Annahme eines entsprechenden Ablaufs in C1. nicht. Der vom Antragsgegner im Eilverfahren vorgelegte Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom heutigen Tage benennt ebenfalls keine - weiteren - Tatsachen, die die Gefährdungsprognose, die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, absichern. Abgesehen davon ist dieser auch erst nach dem Erlass der streitbefangenen Auflagenverfügung ergangen.

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Schließlich ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass und aus welchen Gründen etwaige Auseinandersetzungen mit anderen Gruppierungen nicht durch die polizeilichen Einsatzkräfte vor Ort verhindert werden könnten. [...]

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