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Rechtsurteile

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Nachbarklage gegen Moschee mit Minarett

Ein als Sonderbau einzustufende zu kirchlichen Zwecken zu errichtende Moschee ist in einem nicht beplanten Gebiet nach § 34 BauGB zu beurteilen. Hiernach fügt sich das Gebäude in die nähere Umgebung ein, wenn es nach bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Grundsätzen nicht rücksichtslos wirkt und die Abstandsflächen zu den angrenzenden Bauten einhält. Auch kann eine Beeinträchtigung dahingehend nicht bejaht werden, dass durch die Moschee Immissionen hervorgerufen werden würden, wenn das Gebiet vorbelastet und die Moschee keine äußeren Sprechanlagen anbringen darf. (Leitsatz der Redaktion)


Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen. […]

 

Zum Sachverhalt:w

 

Die Klägerin wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Gebetshauses mit symbolischem Minarett in ********.

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Die Klägerin besteht aus den Eigentümern der 36 Eigentumswohnungen im Anwesen. […]

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Mit Antrag vom 8. Februar 2011 hatte der Beigeladene die Erteilung eines Vorbescheids hinsichtlich der Errichtung eines Gebetshauses auf dem Baugrundstück der Beklagten beantragt. Dabei wurde um Beantwortung der Fragen, ob das Bauvorhaben, zweigeschossig mit Keller, wie auf den Bauzeichnungen mit symbolischem Minarett dargestellt, planungsrechtlich genehmigungsfähig sei, sowie ob das Gebäude als Gebetshaus mit örtlicher Bedeutung betrachtet und deshalb der Stellplatzschlüssel von 25 Gläubigen pro Stellplatz angewendet werden könne, gebeten. Drei weitere Fragen betrafen eine Abweichung vom barrierefreien Zugang, die Verlegung einer Gasleitung sowie die Frage von Ersatzpflanzungen für zu fällende Bäume. Als Nachbarn am Verfahren wurden die Eigentümer der unmittelbar angrenzenden Grundstücke […] sowie die Deutsche Bahn AG beteiligt.

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Mit Vorbescheid vom 16. Juni 2011 führte die Beklagte zur planungsrechtlichen Zulässigkeit aus, das Vorhaben werde planungsrechtlich als zulässig in einer Gemengelage nach § 34 Abs. 1 BauGB eingestuft. Zu Frage 2 wurde ausgeführt, für die hier vorliegende Gemeindekirche seien die Stellplätze gemäß § 2 Abs. 1 der Garagen- und Stellplatzsatzung nach Nr. 4.5 der Richtzahlliste zu ermitteln, dies ergebe pro 15 Gläubige einen Kfz-Stellplatz und pro 30 Gläubige einen Fahrradabstellplatz. Der Vorbescheid wurde im Amtsblatt Nr. 13 vom 29. Juni 2011 öffentlich bekannt gemacht.

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Mit Bauantrag vom 19. Dezember 2011 beantragte der Beigeladene die Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung eines Gebetshauses für die ************************ Gemeinde in ******** auf dem Baugrundstück. Das zu errichtende Gebäude soll laut „Moschee- und Betriebsbeschreibung“ zum Bauantrag mit „einem Minarett mit symbolischer Bedeutung“ versehen werden, von dem weder ein Gebetsruf ausgehe noch Lautsprecher angebracht würden. Das Gebäude solle für die ortsansässigen Gemeindemitglieder Platz für die täglichen Gebete und Veranstaltungen der Erziehung bieten. Die Gemeindemitglieder wohnten im Wesentlichen im und um den genannten Ort, es sei nicht zu erwarten, dass Mitglieder anderer Städte anreisten, da diese in der Regel vor Ort Räumlichkeiten hätten. Die Moschee sei täglich geöffnet, die Nutzung beschränke sich in der Regel auf das Abend- und Freitagsgebet. Der Freitag ab 13.00 Uhr sei der einzige Tag, an dem die Gemeindemitglieder in größerer Zahl, ca. 60 bis 70 % inklusive Kinder, zusammenkämen. An einigen Wochenenden würden Veranstaltungen für Kinder organisiert, an Wochentagen sei in der Regel mit maximal 10 % der Personen in der Zeit von 17.00 Uhr bis 22.00 Uhr zu rechnen. Ein Büroraum diene auch als Bibliothek und biete Tageszeitungen, Nachrichtenmagazine sowie Bücher und Lektüre über den Islam und andere Religionen an, die vor Ort von den Mitgliedern oder Besuchern gelesen und studiert werden könnten.

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Mit Telefax vom 9. Februar 2012 sandte der Beigeladene eine Betriebsbeschreibung, wonach die Moschee vor allem den täglichen Gebeten der in ******** ansässigen Gemeindemitglieder diene, allgemeine Treffen im Sinne einer Gemeindezusammenkunft fänden alle zwei Wochen am Wochenende statt. An einigen Wochenenden treffe sich die Gemeinde zur Beratung und einem allgemeinen Gemeindetreffen. Ansonsten wurden die Angaben der vorhergehenden Betriebsbeschreibung wiederholt.

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Mit Fax vom 5. Februar 2012 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und erklärte, sie gehe davon aus, dass es bei dem Bauvorhaben um ein Vorhaben im Sinne des Art. 66 Abs. 4 BayBO handele, was sich allein aus der völlig ungeklärten Parksituation ergebe.

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Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 15. Mai 2012 erteilte die Beklagte das planungsrechtliche Einvernehmen zum Vorhaben mit der Begründung, das Vorhaben füge sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die in der Umgebung vorhandene Bebauung ein.

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Mit weiterem Schreiben vom 16. Mai 2012 führte die Klägerin weiter aus, es werde nicht verstanden, weshalb eine Nachbarbeteiligung im Baugenehmigungsverfahren nicht erfolge, gerade auf Grund der engen Lage der Moschee zwischen Wohnhäusern mit insgesamt knapp 80 Wohneinheiten und der äußerst kritischen Infrastruktur, besonders bezüglich der Verkehrsanbindung und der Parkplatzsituation. Die geplante Moschee habe keinen Bezug zur umliegenden Anwohnerschaft, es sei davon auszugehen, dass die Besucher aus dem ganzen Umland anreisten. Die ********straße sei eine eingeschränkt öffentlich gewidmete Privatstraße der Deutschen Bahn AG, die keinen städtischen Winterdienst oder ähnliches aufweise. Eine Straßenseite sei auf Grund der ständigen Zufahrtserfordernis durch Schwerlastkraftwagen der ********** mit einem absoluten Halteverbot gekennzeichnet, auf der gegenüberliegenden Seite seien nur wenige Parkbuchten vorhanden. Es sei zu befürchten, dass es bei jeder Veranstaltung zu nicht behebbaren Verkehrs- und Parkproblemen zu Lasten des Anliegerverkehrs und der Besucher kommen werde.

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Mit Bescheid vom 25. Juni 2012 erteilte die Beklagte die Baugenehmigung für das Vorhaben des Beigeladenen. In der Auflage Nr. 2 wurde angeordnet: „des Weiteren gelten die in der Moschee- bzw. Bau-/Betriebsbeschreibung gemachten Angaben“. In Auflage Nr. 7 wurde der Nachweis von sechs Stellplätzen für Kraftfahrzeuge auf dem Baugrundstück angeordnet, in Auflage Nr. 8 die Herstellung von drei Fahrradabstellplätzen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben sei als Sonderbau nach Art. 55 i.V.m. Art. 60 BayBO genehmigungspflichtig […]. Die Umgebung des Gebiets werde als Gemengelage nach § 34 Abs. 1 BauGB eingestuft, das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich und bauordnungsrechtlich zulässig. […] [Ausführungen zur Gestaltung der Moschee]

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Die Baugenehmigung wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 11. Juli 2012 öffentlich bekannt gemacht.

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Mit am selben Tag beim Gericht eingegangenen Schriftsätzen vom 10. August 2012 erhob die Klägerin Klage gegen den Bescheid der Stadt ******** vom 25. Juni 2012.

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Zur Begründung führt die Klägerin aus: Das Genehmigungsverfahren sei schon wegen fehlender Beteiligung der Nachbarschaft und damit auch der Klägerin rechtswidrig. Trotz Anregung durch die Klägerin zu 2) habe es die Beklagte abgelehnt, die Nachbarbeteiligung gemäß Art. 66 Abs. 4 BayBO durchzuführen. Eine solche wäre aber notwendig gewesen, denn beim Bauvorhaben handele es sich um ein über eine bloße Moschee hinausgehendes Projekt. Nach der Moschee- und Betriebsbeschreibung und den genehmigten Plänen solle hier nicht nur das tägliche Gebet stattfinden, sondern auch Veranstaltungen der Erziehung, Veranstaltungen für Kinder neben sonstigen gemeindlichen Aktivitäten, wobei die Beschreibung nur sehr oberflächliche Angaben enthalte. Im Hinblick auf die Größe der Gebetsräume für Männer von ca. 147 qm und für Frauen von ca. 100 qm zuzüglich Mutter-Kind-Bereich sowie Büro, Bibliothek und weiteren Nebenräumen sei davon auszugehen, dass es sich hier um ein weit über eine Kirche hinausgehendes Vorhaben handele, nämlich um eine Versammlungsstätte. Das Bauvorhaben befinde sich in einem § 34 BauGB-Gebiet, das nach § 6 BauNVO als Mischgebiet zu betrachten sei. Dort seien Anlagen für kirchliche Zwecke zwar nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO generell zulässig, hier werde aber die Zulässigkeitsgrenze des § 15 Abs. 1 BauNVO gegenüber der Nachbarschaft, das Gebot der Rücksichtnahme, verletzt. Die Versammlungsstätte werde ausschließlich von Mitgliedern des Beigeladenen benutzt, die nicht in der Umgebung des Bauvorhabens wohnten. Es solle sich dabei um ca. 90 Mitgliedern handeln. Die beigelegte Bau- und Betriebsbeschreibung sei schematisch ohne Bezug zum konkreten Vorhaben verfasst. Auch sei ein größerer Einzugsbereich zu erwarten, da weitere Gebetshäuser des Beigeladenen lediglich in ******** und ******** vorhanden seien. Insgesamt seien die Angaben in der Betriebsbeschreibung hinsichtlich der Zahl der Nutzer nicht nachvollziehbar. Auf Grund der erheblichen Flächen sei aber von einer wesentlich größeren Zahl von Nutzern auszugehen. Auf Grund der räumlichen Entfernung würden diese Benutzer überwiegend mit dem eigenen Fahrzeug anfahren. Bei der ********straße handele es sich aber um eine Sackgasse, die den Verkehrsstrom nicht bewältigen werde, so dass keine ausreichende Erschließung vorhanden sei. Erschwerend komme hinzu, dass ausreichende Parkplätze nicht zur Verfügung stünden. Die Antragsgegnerin habe auf Grund der rechtsirrigen Einstufung des Bauvorhabens als Kirche mit überörtlicher Bedeutung nur den Nachweis von sechs Stellplätzen auf dem Baugrundstück als ausreichend erachtet. Dies decke bei weitem nicht den tatsächlichen Bedarf, vielmehr seien hier 18 Stellplätze (ein Stellplatz je fünf Besucher) für das Vorhaben als Versammlungsstätte mit überörtlicher Bedeutung notwendig. Diese Stellplatzzahl sei weder vorgegeben noch auf dem Grundstück realisierbar. Der vom Bauvorhaben ausgelöste Verkehr auf der ********straße führe zu Belästigungen der Klägerin, die über ein zumutbares Maß hinausgingen. Der gesamte Verkehr bewege sich auf einer Länge von ca. 500 m zwischen dem Beginn der ********straße und der Gabelung in zwei Fahrbahnen. Die Verkehrsbelastung finde damit insbesondere im Bereich des Grundstücks der Klägerin statt. Es seien lediglich 20 Längsparkbuchten vorhanden, die bereits jetzt täglich durch Anwohner, Besucher und Mitarbeiter der in der Umgebung befindlichen Gewerbebetriebe vollständig belegt seien. Weder die ********straße noch die ********** Straße besäßen weitere Parkplätze in fußläufiger Entfernung. Damit sei zu erwarten, dass es zu wildem Parken auch auf dem Privatgrundstück der Klägerin kommen werde, wodurch auch eine Gefährdung der dort spielenden Kinder möglich sei. Das Bauvorhaben füge sich nicht in die Umgebung ein, da diese aus zwei achtgeschossigen Wohnhäusern mit Park- und Spielplätzen sowie weiteren flachen Gewerbebauten bestehe, nördlich der ********straße schließe sich die industrielle Bebauung der Trafo-Union an. Insbesondere das knapp 13 m hohe Minarett habe weder einen baulichen noch sachlichen Bezug zum Wohn- und Gewerbeumfeld. Schließlich werde das Baugrundstück auch wesentlich dichter bebaut als die auf großzügigen Grundstücken befindlichen Wohnhäuser in der Umgebung. Der Gebietserhaltungsanspruch erfordere im Rahmen des Einfügens in die Bebauung des Baugebiets eine Bauweise, die sich in das Ortsbild einfüge, dies sei hier insbesondere wegen des Minaretts nicht gegeben. Zudem fehle es an einer ausreichenden Verkehrserschließung. Schließlich seien auch noch Probleme zu erwarten, da das Minarett als Symbol für die Anhänger des Islams zum Ziel islamfeindlicher Angriffe werden könnte, die wegen der räumliche Nähe auch die Nachbarschaft belasten würden. Letztlich sei auch ein Brandschutzkonzept nicht erkennbar, es sei nicht ersichtlich, ob gegebenenfalls die Grundstücke der Klägerin zur Brandbekämpfung benutzt werden müssten. Die schalltechnische Stellungnahme gehe von zu wenigen Stellplätzen aus, da hier 18 notwendige Stellplätze zu fordern seien. Auch würden der Umstand, dass der abfließende und parkplatzsuchende Verkehr keine Durchgangsstraße vorfinde, sondern eine Sackgasse, und die daraus folgenden Wendemanöver nicht berücksichtigt. Hinsichtlich des tatsächlich zu erwartenden Fahrzeugverkehrs werde die Einholung einer Stellungnahme der PI ********-Süd beantragt. Sie sei auch zuständig für die derzeitige Moschee des Beigeladenen in der ******straße in ******** und könne deshalb Angaben über die dortige Verkehrs- und Parkbelastung machen.

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Es stelle sich die Frage, ob die vorhandenen Räume zur Betreuung der Mitglieder herangezogen würden, insbesondere ob eine kindertagesstättenähnliche Betreuung stattfinde. Weiter sei zu fragen, ob die vorhandenen Räume zur religiösen Erziehung der Kinder der Mitglieder herangezogen würden, auch zu welchen Zeiten eine entsprechende Betreuung bzw. Erziehung stattfinde und mit wie vielen Kindern zu rechnen sei. Schließlich fehle es dem Bauvorhaben auch an der nach § 34 Abs. 1 BauGB erforderlichen Erschließung. Die Klägerin wisse, dass sie insoweit Einwendungen außerhalb nachbarschützender Normen erhebe, sie gehe jedoch davon aus, dass diese Einwendungen gleichwohl in der Sache relevant seien. Eine öffentlich-rechtliche Erschließung mit Frischwasser, Kanal und Gas sei nicht gesichert. Das Gebiet der ********straße sei nicht durch eine Trinkwasserleitung der N-Energie erschlossen. Stattdessen erfolge die Versorgung wegen der früheren Zugehörigkeit zum DB-Betriebsgelände über die DB-Energie, die bereits vor Jahren gegenüber der Klägerin und den Nachbaranwesen angekündigt habe, die Versorgung einzustellen und einen Anschluss neu errichteter Anwesen nicht mehr hinzunehmen. Auch eine Trinkwasserversorgung durch die DB-Energie sei nicht mehr gegeben. Ebenso wenig liege eine Kanalerschließung durch die DB-Energie vor, der vorhandene Kanal führe durch das klägerische Grundstück, ohne dass insoweit Leitungsrechte der N-Energie oder von DB-Energie im Grundbuch eingetragen seien. Die Klägerin gehen deshalb davon aus, dass die Führung des Abwasserkanals durch ihr Grundstück unzulässig sei, zumal derzeit die Eigentumsverhältnisse und damit auch die Betriebspflicht an dem Kanal ungeklärt seien. Auch die vorhandene Gasleitung auf dem klägerischen Grundstück sei nicht durch ein Leitungsrecht grundbuchrechtlich gesichert. Diese Gasleitung, die auch das vorhandene Bahngleis unterquere und zum geplanten Bauvorhaben und weiteren Anwesen in der ********straße führe, müsse von der N-ergie entfernt werden, diese sei unter Fristsetzung und Klageandrohung insoweit aufgefordert worden, die genannte Leitung auf ihre Kosten zu entfernen und auf öffentlichen Verkehrsgrund zu verlegen. Schließlich werde darauf hingewiesen, dass die vorgeschriebene Ersatzbepflanzung von insgesamt sechs Bäumen auf Grund der vorgegebenen Art der Bäume nicht praktikabel sei.

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Die Klägerin beantragt,

die dem Beigeladenen mit Bescheid vom 25. Juni 2012 von der Beklagten erteilte Baugenehmigung aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, in der ********straße seien sowohl Gewerbe-, Industrie- als auch Wohnnutzung vorhanden. Ein qualifizierter Bebauungsplan bestehe nicht, deshalb sei das Vorhaben nach § 34 BauGB zu beurteilen. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche nicht einem einzigen Baugebietstyp der BauNVO, sondern weise Merkmale eines allgemeinen Wohngebiets, eines Mischgebiets, eines Gewerbegebiets sowie eines Industriegebiets auf. In all diesen Gebieten sei die Moschee als Anlage für kirchliche und kulturelle Zwecke zulässig. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung füge sich das Gebetshaus mit Kuppel und Minarett ebenso ein wie hinsichtlich der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche. Das Gebetshaus sei deutlich niedriger als die beiden östlich und westlich gelegenen Wohnhäuser bei ähnlicher Grundfläche. Schließlich befinde sich südlich des Baugrundstücks bereits ein kuppelförmiges Gebäude auf einem gewerblich genutzten Grundstück. Auch das geplante Minarett führe zu keiner anderen Beurteilung, weil sich dieses Gebäudeteil als besonderes architektonisches Gestaltungsmerkmal eines moslemischen Gebetshauses in einer moderaten Größe und ohne Gebetsrufe darstelle, das ähnlich dem Kirchturm einer christlichen Kirche mit der Moschee eine Einheit bilde. Die Nachbarn könnten sich hier lediglich auf das Gebot der Rücksichtnahme berufen, eine Verletzung desselben liege aber nicht vor. Das Bauvorhaben halte die erforderlichen Abstandsflächen ein, auch eine erdrückende oder abriegelnde Wirkung sei hier nicht ersichtlich. Die mit der Baugenehmigung genehmigten Nutzungen führten nicht zu unzumutbaren Beeinträchtigungen der Nachbarn. Das Gebäude werde von den insgesamt ca. 80 Mitgliedern der Beigeladenen in ******** zum täglichen Gebet genutzt, es würden keine Hochzeiten oder ähnliche Veranstaltungen stattfinden. Was den durch das Vorhaben bedingten öffentlichen Verkehr angehe, so sei dieser angesichts der öffentlich-rechtlichen Widmung der vorhandenen öffentlichen Straße auch zulässig. Durch den Stellplatznachweis werde darüber hinaus dem vom Vorhaben ausgelösten Bedarf Rechnung getragen. Das Vorhaben löse hier insgesamt sechs Kfz- und drei Fahrradabstellplätze aus, die auf dem Baugrundstück nachgewiesen würden. Selbst wenn Besucher der Moschee auch entlang der ********straße parken würden, so liege keine unzumutbare Beeinträchtigung der Nachbarn darin, da diese kein Recht auf Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums hätten. Die Verpflichtung zum Nachweis der notwendigen Stellplätze sei darüber hinaus nicht drittschützend. […] Ein eventueller Verstoß gegen eine Nachbarbeteiligung führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung. Eine schalltechnische Stellungnahme vom 3. September 2012, die den auf dem Baugrundstück vom Vorhaben ausgelösten Verkehr beurteilte, kommt zu dem Ergebnis, dass am nächstgelegenen Immissionsort ********str. * ein Beurteilungspegel tags von 40,2 dB(A) und nachts in der lautesten Nachtstunde von 38,1 dB(A) zu erwarten sei. Dabei wurden eine fünfmalige Belegung der sechs Stellplätze und dem entsprechend 60 Fahrzeugbewegungen auf dem Baugrundstück zugrunde gelegt. Im Hinblick auf die Lage des Anwesens ********straße * sei wegen der größeren Entfernung und der teilweisen Abschirmungswirkung von geringeren Werten auszugehen. Eine Nachfrage bei einer Polizeiinspektion Süd habe ergeben, dass es in der Vergangenheit keinen einzigen Einsatz in der *******straße ** gegeben habe, wo sich der bisherige Gebetsraum der **********Gemeinde befinde. Wegen der schwierigen Parksituation in dieser Straße kämen die Besucher überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Versammlungsraum. In der ********straße habe es seit dem 1. Januar 2010 fünf Einsätze gegeben, bei denen einmal ein Firmenfahrzeug auf dem Parkplatz, einmal ein ausländisches Fahrzeug auf dem Parkplatz gestanden habe, sowie einmal die Ausfahrt in die ********straße * und einmal der Wendehammer zugeparkt gewesen seien und einmal ein Hänger auf der Mitte der Fahrbahn gestanden habe.

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Der Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, die Gemeinde in ******** einschließlich ***** weise zwischen 80 und 90, gegenwärtig 86 Mitglieder, auf. In der Stadt ******** bestehe eine Gemeinde von ca. 50 Mitgliedern, die über eine individuell nutzbare Gebetseinrichtung verfüge. In den weiteren umliegenden Landkreisen könnten sich Mitglieder wohnhaft aufhalten, es handele sich dabei jedoch nicht um nennenswerte Anzahlen bzw. um erfasste Gemeinden. Die nächstgelegene Moschee befinde sich in ********, wobei die dortige ************************Gemeinde ca. 200 Mitglieder umfasse. Eine weitere Moschee sei in ******** geplant und im Bau, in ***************** gebe es eine weitere Moschee. In Mittelfranken seien derzeit keine weiteren Moscheen in absehbarer Zeit geplant. Hinsichtlich der Veranstaltungen außer den fünf täglichen Gebeten werde auf die Betriebsbeschreibung vom 21. August 2012 verwiesen.

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Das Bauvorhaben sei nach § 34 BauGB zulässig, jedenfalls füge sich das Gebetshaus der Beigeladenen erkennbar und unzweifelhaft in die nähere Umgebung ein, die Erschließung sei gesichert. Beim Einfügen gehe es weniger um Einheitlichkeit als um Harmonie. Dass ein Vorhaben in der Umgebung ohne Vorbild sei, stehe der harmonischen Einfügung nicht entgegen. Es sei vielmehr darauf abzustellen, ob bodenrechtlich relevante Spannungen begründet oder vorhandene Spannungen erhöht würden. Dies sei nicht der Fall. Wenn man mit den Klägern davon ausgehe, dass die nähere Umgebung einem Mischgebiet nach § 6 BauNVO entspreche, sei das Gebetshaus als kirchlichen und kulturellen Zwecken dienende Anlage grundsätzlich zulässig nach § 6 Abs. 2 BauNVO und würde sich demnach in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Selbiges sei auch bei einer Gemengelage nach § 34 Abs. 1 BauGB anzunehmen sein. Soweit die nähere Umgebung durch Wohnnutzung, Gewerbe sowie Industrie geprägt sei, sei das Gebetshaus sowohl im allgemeinen Wohngebiet, im Mischgebiet und ausnahmsweise auch im Gewerbegebiet sowie Industriegebiet zulässig entsprechend den Vorschriften der BauNVO. Das Vorhaben füge sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein, diese seien jedoch nicht nachbarschützend. Auch werde das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt. Vom Gebetshaus der Beigeladenen als kirchlicher bzw. kultureller Anlage gingen keine Auswirkungen aus, die geeignet seien, die Nachbarschaft zu belästigen. Dies zeige auch die von der Beklagten vorgelegte Berechnung. Soweit die Klägerin behaupte, es werde von einer fehlerhaften Stellplatzanzahl ausgegangen, so sei dies unerheblich. Die Beklagte habe zu Recht sechs Stellplätze verlangt, die Frage der Stellplatzanzahl sei jedoch ebenfalls nicht drittschützend. Die schallschutz-technische Untersuchung sei auch von der zutreffenden Anzahl von sechs Stellplätzen ausgegangen. Auf Grund der geschilderten Zahl von Teilnehmern an den Gebeten sei nicht von unzumutbaren Störungen auszugehen, Hochzeiten und ähnliche Veranstaltungen fänden im Gebetshaus nicht statt. Insbesondere auf Grund der Angaben in den Ergänzungsbescheiden sei ausgeschlossen, dass es auf den Grundstücken der Klägerin zu unzumutbaren Lärmbelästigungen kommen könne. Die Beigeladene werde selbstverständlich sicherstellen, dass die Auflagen umgesetzt und erfüllt würden. Die Nutzung des Gebetshauses diene darüber hinaus der freien Religionsausübung der Mitglieder der Beigeladenen, welche grundrechtlich geschützt sei. Bei der Abwägung zwischen den Interessen der Beigeladenen und der Klägerin sei dies zu berücksichtigen, zumal das verständliche Ruhebedürfnis der Bewohner gewährleistet sei. Die frühen Morgen- und späten Abendgebete seien unverzichtbare Bestandteile der islamischen Religionsausübung. Schließlich seien die von der Klägerin selbst vorgetragenen Vorbelastungen zu berücksichtigen. So würden die Grundstücke der Klägerin und das Baugrundstück durch eine Bahnlinie getrennt, von der erhebliche Immissionen ausgingen. Zudem seien in der näheren Umgebung auch Industriebetriebe mit ebenfalls erheblicher Immissionswirkung vorhanden. Durch diese Vorbelastungen werde das Schutzniveau der Klägerin abgesenkt. Soweit sich die Klägerin auf Verstöße gegen die Garagenverordnung und die Stellplatzsatzung stütze, vermittelten diese Vorschriften keinen Drittschutz. Gleichfalls sei die Parksituation auf öffentlichen Straßen irrelevant. Schließlich würden auch die Abstandsflächen zur Klägerin eingehalten. Der Brandschutz sei nicht Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens gewesen und könne deshalb auch nicht Gegenstand der Klagen sein. Selbstverständlich sei der Brandschutz aber gewährleistet. Soweit die Klägerin Gefahren durch das Verhalten Dritter befürchte, so weise dies keinen baurechtlichen Bezug auf. […]

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Am 14. November 2012 führte die Kammer einen Erörterungstermin zur Besprechung des gegenständlichen Klageverfahrens sowie weiterer anhängiger Klagen gegen das gegenständliche Bauvorhaben durch. Im Rahmen dieses Gerichtstermins gab der Vertreter der Beigeladenen die folgende verbindliche Betriebsbeschreibung zur Niederschrift:

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Nichtliturgische Veranstaltungen fänden lediglich in der Zeit von 08.00 Uhr bis 20.00 Uhr statt und seien mit Ausnahme der nachfolgenden Sonderveranstaltungen auf höchstens 100 Personen begrenzt. Es fänden lediglich folgende nichtliturgische Veranstaltungen statt: Ein Tag der offenen Tür, einmal monatlich eine Gemeindezusammenkunft (Dauer etwa 3 Stunden) und drei Veranstaltungen wöchentlich mit einer Teilnehmerzahl von 10 bis 20 Personen. Als weitere hier als nichtliturgisch behandelte Veranstaltungen fänden das Fastenbrechen sowie das Opferfest statt, und zwar jeweils einmal jährlich. Für die drei Sonderveranstaltungen (Tag der offenen Tür, Fastenbrechen und Opferfest) sei die gleichzeitige Teilnehmerzahl auf 200 Personen beschränkt. Eine Koranschule werde nicht betrieben; es fänden auch keine Live-Musik-Veranstaltungen statt. Ebenso wenig werde ein Kinderhort betrieben. Im gesamten Außenbereich des Vorhabens werde auf die Nutzung von Sprach- und Tonverstärkeranlagen verzichtet. Musikwiedergabegeräte würden bei den nichtliturgischen Veranstaltungen nicht eingesetzt. Soweit bei nichtliturgischen Veranstaltungen eine Sprachverstärkung vorgenommen werde, würden Fenster und Türen zu den Anwesen ********straße * und * hin geschlossen. Bei den (Sonder-) Veranstaltungen Fastenbrechen und Opferfest sei es möglich, dass die Teilnehmer gemeinsam singen würden. Der Gesang finde vor dem Gebet statt und dauere höchstens 1 Stunde, wobei nicht gesagt werden könne, wie viele Teilnehmer singen würden. Das Gebet finde sogleich am Anfang der jeweiligen Veranstaltung statt. Für religiöse Veranstaltungen würden die Gebetsräume wie folgt genutzt: Es fänden täglich fünf Gebete statt, nämlich das Morgengebet, das Mittagsgebet, das Nachmittags- und das erste sowie zweite Abendgebet.

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Das Morgengebet finde bei Sonnenanbruch (Beginn der Morgendämmerung) statt. Das erste Abendgebet werde beim jeweiligen Sonnenuntergang, das zweite Abendgebet und damit die letzte (reguläre) liturgische Veranstaltung werde 1 Stunde nach dem jeweiligen Sonnenuntergang vollzogen. Das erste und das zweite Nachtgebet habe eine Dauer von etwa 1 Stunde, einschließlich An- und Abfahrt. Die Zahl der Gläubigen, die an den Gebeten teilnähmen, betrage regelmäßig etwa: 

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Morgengebet 5 bis 10 Personen,
Mittagsgebet (Montag bis Donnerstag) und Nachmittagsgebet 5 bis 10 Personen,
Mittagsgebet (Freitag) 76 Personen,
erstes Abendgebet 18 Personen und
zweites Abendgebet 9 Personen.

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Die Angabe zu den teilnehmenden Personen entspreche den bisherigen Erfahrungen in der ********** Gemeinde, die sich mit den Erfahrungen anderer Gemeinden deckten. Für die Gebete werde eine Sprach- und Tonverstärkeranlage verwendet. Bei Verwendung einer Sprach- und Tonverstärkeranlage während der regulären Gebetszeiten würden die zur ********straße * und * hin ausgerichteten Türen und Fenster sowohl zur Tag- als auch zur Nachtzeit geschlossen gehalten werden. Zur Nachtzeit seien die Fenster und Türen auch ohne Verwendung einer Sprach- und Tonverstärkeranlage geschlossen. Das Fastenbrechen und das Opferfest würden von etwa 09.00 Uhr bis 13.00 Uhr dauern. Was den religiösen Teil der Veranstaltungen anbelange, könne auf die bereits gegebene Schilderung verwiesen werden. Das zu errichtende Minarett habe lediglich symbolischen Charakter, d. h. an ihm würden keine Lautsprecher befestigt und ein sogenannter Muezzinruf finde nicht statt. Im Übrigen würden an der gesamten baulichen Anlage außen keine Lautsprecher befestigt.

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Mit Ergänzungsbescheid vom 28. März 2013 ordnete die Beklagte an, dass die Betriebsbeschreibung gemäß der Niederschrift über die Durchführung des Erörterungstermins beim Verwaltungsgericht Ansbach vom 14. November 2012 Bestandteil der Baugenehmigung vom 25. Juni 2012 sei und alle bisherigen Betriebsbeschreibungen ersetze. In Nummer 2) wurden folgende zusätzliche Auflagen verfügt: 

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a) Nichtliturgische Veranstaltungen werden auf die Zeit von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr beschränkt
b) Die Nutzung von Sprach- und Tonverstärkeranlagen ist im gesamten Außenbereich nicht zulässig.
c) Bei Verwendung einer Sprach- und Tonverstärkeranlage sind während der regulären Gebetszeiten die zur ********straße * und * hin ausgerichteten Türen und Fenster sowohl zur Tag- als auch zur Nachtzeit geschlossen zu haben. Zur Nachtzeit sind Türen und Fenster auch ohne Verwendung einer Sprach- und Tonverstärkeranlage geschlossen zu halten. Als Nachtzeit gilt die Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr.

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In der Folge wurden die von Eigentümern des Anwesens ********straße * gegen das gegenständliche Bauvorhaben gerichteten Klagen von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt.

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In der mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2013 nahm die ************************* ihre Klage zurück. […]

 

Gründe:

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die hier klagende Gemeinschaft der Wohnungseigentümer klagebefugt und beteiligungsfähig, da das Wohnungseigentum nach § 1 Abs. 2 WEG unter dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG steht und damit Rechte vermittelt, deren Verletzung durch einen Verwaltungsakt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zur Klage befugt. […]

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2. Die Klage ist aber unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Gebetshauses durch den Baugenehmigungsbescheid vom 25. Juni 2012 in der Fassung der Ergänzungsbescheide vom 26. September 2012 und 28. März 2013. Die von der Klägerin als Nachbarin erhobene Klage gegen diese Baugenehmigung könnte nur dann erfolgreich sein, wenn die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zumindest auch deshalb rechtswidrig ist, weil sie im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende nachbarschützende Vorschriften verletzt. Eine solche Verletzung nachbarschützender Vorschriften zu Lasten der Klägerin durch das Bauvorhaben ist hier aber nicht gegeben.

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Bei dem genehmigten Vorhaben handelt es sich um einen Sonderbau, so dass bei dem gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtigen Vorhaben nach Art. 60 BayBO das gesamte Bauplanungs- und Bauordnungsrecht Prüfungsgegenstand ist.

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2.1. Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben hier nach § 34 BauGB, da ein qualifizierter Bebauungsplan für das maßgebliche Gebiet nicht besteht und sich das Baugrundstück unzweifelhaft innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile befindet.

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2.1.1. Nach der übereinstimmenden Auffassung der Parteien entspricht hier die Eigenart der insoweit heranzuziehenden näheren Umgebung einem Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO. Auch die Kammer geht davon aus, dass es sich bei dem hier im Süden durch den Rangierbahnhof, im Osten durch die ********** Straße und im Westen durch das Ende der gewerblich genutzten Grundstücke entlang der ********straße begrenzten Gebiet im Hinblick auf die vorhandenen Nutzungen und deren Umfang um ein Mischgebiet handelt. Selbst wenn man aber nach Norden hin auch das von ******* genutzte Gelände nördlich der ********straße mit in die nähere Umgebung des Vorhabens einbezieht, könnte es sich um eine Gemengelage im Sinn des § 34 Abs. 1 BauGB handeln, was aber im Ergebnis für die Klägerin als Nachbarin keinen höheren Schutz bedeuten kann; denn ein Mischgebiet würde deshalb ausscheiden, weil es sich dann im Wesentlichen um gewerblich genutzte Grundstücke und eindeutig das Gebiet dominierende gewerbliche Nutzungen handelte, während die Wohnnutzung auf zwei Grundstücke beschränkt bliebe. Keinesfalls aber kann die Klägerin im Hinblick auf die Eigenart der näheren Umgebung einen höheren Schutzgrad für ihre Wohnnutzung verlangen, als es einem Mischgebiet entspricht; denn in einem Mischgebiet sind gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO Wohngebäude uneingeschränkt zulässig.

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2.1.2. Das Bauvorhaben in der genehmigten Form stellt eine Anlage für kirchliche Zwecke dar. Die Nutzung als Gebetshaus für die Mitglieder der beigeladenen ************************dominiert die sonstigen Nebennutzungen, wie sich aus der maßgeblichen Betriebsbeschreibung ergibt. Als Anlage für kirchliche Zwecke ist das Bauvorhaben im Mischgebiet nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO allgemein zulässig. Die Klägerin hat somit keinen Abwehranspruch gegen das Bauvorhaben nach dessen Art der Nutzung, ein Gebietserhaltungsanspruch, der dem Bauvorhaben entgegengehalten werden könnte, wird deshalb nicht verletzt. Wenn man aber von einer Gemengelage ausginge, so könnte sich die Klägerin hinsichtlich der Art der Nutzung nur auf das Gebot der Rücksichtnahme berufen, welches sich dann aus dem Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB ergäbe und nicht zu Lasten der Klägerin verletzt ist. […]

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2.1.3. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, das Vorhaben füge sich nicht in die in der Umgebung vorhandene Bebauung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche ein, zudem sei das Minarett ohne Vorbild, kann sie sich allenfalls auf das Gebot der Rücksichtnahme berufen. Zudem ist in der näheren Umgebung allein durch das Wohngebäude der Klägerin eine Bebauung vorhanden, die sowohl von der Höhe, der Geschosszahl als auch vom Bauvolumen deutlich über das Bauvorhaben des Beigeladenen hinausgeht und dieses insbesondere in der Höhe deutlich überragt. Bei dem sogenannten Minarett handelt es sich um einen im Vergleich zur Umgebungsbebauung kleinen Turm mit einer Höhe von 13,10 m und einem Durchmesser oberhalb des Gebäudeabschlusses von ca. 1,80 m, an dem sich noch zwei angedeutete Rundbalkone mit einem Durchmesser von ca. 3,20 m befinden. Was die auf dem Hauptgebäude geplante Kuppel angeht, so ist bereits ein Gebäude mit einer größeren Kuppel auf dem der ************************* gehörenden Grundstück Fl.Nr. ******* vorhanden. Das Gebot des Einfügens zwingt im Übrigen nicht zur Uniformität. Es schließt nicht schlechthin etwas aus, was es bisher in der Umgebung noch nicht gibt, wenn dadurch keine nicht zu bewältigenden Spannungen auftreten […]. Letzteres ist mit Blick auf die geringen baulichen Maße des Minaretts und des Umstandes, dass es nicht für einen Gebetsruf genutzt wird, nicht zu befürchten.

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2.1.4. Das Vorhaben verletzt auch nicht zu Lasten der Klägerin das Gebot der Rücksichtnahme, das sich hier bezüglich der Art der Nutzung aus § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (im Falle einer Gemengelage aus § 34 Abs. 1 BauGB und dort aus dem Begriff des Einfügens) und im Übrigen aus dem Einfügegebot des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ergibt. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommen soll, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist […]. Entscheidend ist dabei letztlich, ob eine für den Rücksichtnahmebegünstigten unzumutbare Beeinträchtigung entsteht.

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Nach diesen Maßstäben verstößt das Vorhaben nicht gegen das Rücksichtnahmegebot.

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Soweit sich die Klägerin durch das geplante Gebäude selbst unzumutbar beeinträchtigt sieht, so fügt sich dieses wie oben dargelegt in die in der Umgebung vorhandene Bebauung ein und wirkt damit nicht rücksichtlos. Unabhängig davon kann darauf hingewiesen werden, dass das Gebäude einschließlich des Minaretts die Abstandsflächen zum Grundstück der Klägerin hin einhält (vgl. unten). Nachdem zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück der Klägerin noch das Bahngelände liegt und die Abstandsflächen sowohl des Hauptgebäudes als auch des Minaretts nur auf der dem Baugrundstück angrenzenden Hälfte dieses Bahngrundstücks liegen und die Grundstücksmitte nicht überschreiten, ist eine unzumutbare Beeinträchtigung an Belichtung, Besonnung und Belüftung hier nicht vorstellbar. Hinzu kommt, dass das Bauvorhaben im Wesentlichen nordwestlich des Wohnhauses der Klägerin gelegen ist und sowohl mit dem Hauptgebäude als auch mit dem Minarett deutlich niedriger ist als das Wohngebäude der Klägerin, das eine Höhe von ca. 25,50 m und einschließlich des Aufzugschachtes von ca. 29,50 m aufweist, wohingegen das geplante Gebetshaus eine Wandhöhe zum Grundstück der Klägerin hin von ca. 7,10 m bis maximal 7,20 m, im Hinblick auf das Minarett von 13,10 m aufweist.

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Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ist auch durch die geplante und genehmigte Nutzung des Baugrundstücks nicht gegeben. Im Hinblick auf die Nutzung als Gebetshaus ist hier als schädliche Umwelteinwirkung im Sinn des § 3 BImSchG nur Lärm denkbar. Insofern hat die Beklagte mit dem Ergänzungsbescheid vom 26. September 2012 verfügt, dass die Bestimmungen der TA Lärm vom 26. August 1998 zu beachten und einzuhalten sind und im Hinblick auf das Anwesen der Klägerin Immissionsgrenzwerte von tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) festgesetzt. Diese entsprechen den gemäß Nr. 6.1 c der TA Lärm für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete anzusetzenden Immissionsrichtwerten. Diese festgesetzten Immissionsrichtwerte reichen nach Auffassung des Gerichts aus, um das Anwesen der Klägerin vor unzumutbarem Lärm, ausgehend von der Nutzung des Baugrundstücks zu bewahren. […]

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Es bestehen hier auch keine Anhaltspunkte dafür, dass durch das genehmigte Vorhaben und dessen vorgesehene Nutzung die Immissionsrichtwerte beim Anwesen der Klägerin nicht eingehalten werden können. Was die Nutzung des Gebäudes selbst betrifft – Nutzungen der Freifläche sind weder beantragt noch durch die Baugenehmigung genehmigt worden – so ist insbesondere durch die mit der Ergänzungsgenehmigung vom 28. März 2013 zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärte Betriebsbeschreibung wie durch die in diesem Ergänzungsbescheid enthaltenen weiteren Auflagen sichergestellt, dass unzumutbarer Lärm von der Nutzung des Baugrundstücks zum Grundstück der Klägerin ausgeschlossen ist. So sind mit Ausnahme der fünf Tagesgebete Nutzungen des Gebäudes in der Nachtzeit, d.h. von 22.00 bis 6.00 Uhr generell ausgeschlossen, für nicht liturgische Nutzungen ist sogar eine Betriebszeit lediglich von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr zulässig. Bei Verwendung einer Sprach- und Tonverstärkeranlage während der regulären Gebetszeiten sind die zum Grundstück der Klägerin ausgerichteten Türen und Fenster sowohl zur Tag- als zur Nachtzeit geschlossen zu halten, zur Nachtzeit sind die Türen und Fenster ohnehin generell geschlossen zu halten. Zudem ist eine Nutzung von Sprach- und Tonverstärkeranlagen im gesamten Außenbereich, d.h. auch an oder auf dem Minarett, generell durch die entsprechende Auflage verboten. Im Hinblick auf die aus der verbindlichen Betriebsbeschreibung ersichtliche, konkrete Nutzung des Gebäudes i.V.m. der zu erwartenden Zahl der Besucher bestehen nach Auffassung des Gerichts keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch die Gebete und die weiteren im Moscheegebäude genehmigten Nutzungen unzumutbarer, d.h. die festgesetzten Immissionsrichtwerte überschreitender Lärm zum Wohngebäude der Klägerin gelangen kann. Sollte nach Aufnahme der Nutzung wider Erwarten Zweifel an der Einhaltung der Immissionsrichtwerte entstehen, so kann die Beklagte vom Beigeladenen den Nachweis der Einhaltung der Immissionsrichtwerte durch Vorlage eines entsprechenden Lärmgutachtens Verlangen.

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Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ist auch nicht durch den vom Vorhaben auf dem Baugrundstück ausgelösten Verkehr, d.h. der Zu- und Abfahrt zu den dort genehmigten Stellplätzen, zu erwarten. Auch insofern gelten die Immissionsrichtwerte, deren wahrscheinliche Einhaltung folgt aus der von der Beklagten erstellten schalltechnischen Stellungnahme. Daraus ergibt sich bei einer Annahme von 60 Fahrzeugbewegungen entsprechend einem fünfmaligen vollständigen Belegungswechsel hinsichtlich der genehmigten 6 Stellplätze ein Teilbeurteilungspegel für die Beurteilungszeit tags von 40,2 dB(A) und nachts von 38,1 dB(A) beim Anwesen ********straße *. Wie der Stellungnahme zu entnehmen ist, gilt dieses Ergebnis auch für das Anwesen der ********straße *, das im Eigentum der Klägerin steht, da dieses vom zu betrachtenden Immissionsort weiter weg liegt als der Immissionsort ********straße * und die Fahrgasse durch das Gebäude der Moschee abgeschirmt wird.

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Schließlich ist auch durch den vom Bauvorhaben ausgelösten Verkehr auf öffentlichen Straßen, d.h. hier auf der ********straße, von keiner Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich des insofern erzeugten Lärms auszugehen. Nach 7.4 der TA Lärm gelten für Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen die Absätze 2 bis 4 dieser Vorschrift. Danach sollen Geräusche des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 m vom Betriebsgrundstück durch Maßnahmen organisatorischer Art dann soweit wie möglich verhindert werden, soweit sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen, keine Vermischung mit dem üblichen Verkehr erfolgt ist und die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden. Hier ist davon auszugehen, dass der Verkehr zur und von der Moschee ausschließlich mit Pkws erfolgt und sich somit in keiner Weise von dem Zu- und Abgangsverkehr zu den Anwesen ********straße * und *, zwei Wohngebäuden mit jeweils 36 Eigentumswohnungen, und den diesen zugeordneten Stellplätzen unterscheidet. Auch vom Besucherverkehr zu den weiter westlich gelegenen Gewerbebetrieben, sofern er nicht durch Lkws erfolgt, unterscheidet sich der Besucherverkehr zur Moschee nicht. Zudem ist im Hinblick auf die aus der Betriebsbeschreibung und den weiteren Angaben der Klägerin zur Baugenehmigung ersichtlichen Zahl der potenziellen regelmäßigen Besucher davon auszugehen, dass hier eine Vermischung des Verkehrs erfolgt und zudem eine relevante Erhöhung des beim Anwesen der Klägerin ankommenden Verkehrslärms nicht zu erwarten ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die günstige Anbindung des Baugrundstücks an den öffentlichen Nahverkehr durch die in der ********** Straße vorhandenen Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel. Was die nach der Betriebsbeschreibung vorgesehenen und nach der Baugenehmigung zulässigen drei Sonderveranstaltungen angeht, so sind diese als sogenannte seltene Ereignisse gemäß 7.2 der TA Lärm zu beurteilen und unterschreiten die dort höchst zulässige Zahl von zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres deutlich.

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Insgesamt kann nach Auffassung der Kammer somit nicht davon ausgegangen werden, dass durch das Bauvorhaben und die von diesem bei der genehmigten Nutzung ausgehenden Immissionen beim Anwesen der Klägerin eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 27.2.1992 - 4 C 50/89 – NJW 1992, 2170/2171) die von einer in einem Baugebiet allgemein zulässigen kirchlichen Anlage mit deren Benutzung üblicherweise verbundenen Beeinträchtigungen vom Grundstücksnachbar grundsätzlich hinzunehmen sind. Dies gilt nach dieser Entscheidung für die damals gegenständliche Baugenehmigung zur Errichtung eines Gebetssaales und eines Unterrichtsraums für eine Koranschule mit Nebenräumen und umfasst insbesondere auch die in die Nachtzeit fallenden Gebete. Insoweit sei in die beim Gebot der Rücksichtnahme vorzunehmende Abwägung zwischen den Interessen des Bauherrn und denen der Nachbarn die Wertentscheidung des Grundgesetzes hinsichtlich der Gewährleistung der freien Religionsausübung (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) einzustellen und bei der Anwendung des einfachen Rechts mit zu berücksichtigen. Deshalb wurde bei der damaligen Entscheidung festgestellt, dass die Interessen des Bauherrn stärker wiegen als die Interessen des Nachbarn, da das Morgengebet ein unverzichtbarer Bestandteil der islamischen Religionsausübung sei. Schließlich ist auch auf die Lage der beiden Wohngebäude in einer gewerblich und durch stark belastete Verkehrseinrichtungen vorbelastenden Umgebung hinzuweisen (Rangierbahnhof ********, ********** Straße).

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Soweit die Klägerin einwendet, für das Vorhaben seien deutlich zu wenig Stellplätze geplant, so entspricht die hier festgesetzte Zahl von sechs notwendigen Stellplätzen in der Baugenehmigung der Nr. 4.5 der „Richtzahlenliste“ § 2 Abs. 1 der zur Stellplatzsatzung der Beklagten vom 14. Dezember 2007; danach sind bei Kirchen von überörtlicher Bedeutung bzw. mit großem Einzugsbereich ein Stellplatz pro 15 Sitzplätze bzw. regelmäßigen Besuchern auszugehen. Nach der vorgelegten Betriebsbeschreibung wie auch dem sonstigen Akteninhalt bestehen nach Auffassung des Gerichts keine Zweifel daran, dass hier von einer regelmäßigen Besucherzahl von maximal 90 Personen auszugehen ist, so dass die Zahl der festgesetzten und auf dem Baugrundstück nachgewiesenen 6 Stellplätze ausreichend ist. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, ob ein Bauvorhaben die notwendigen Stellplätze nachweist oder nicht, im Regelfall nicht nachbarschützend ist […].

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Demnach ist allenfalls ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme denkbar, wenn die Gesamtbelastung, die sich aus den Immissionen der vom Bauvorhaben ausgelösten Verkehrsverhältnissen i.V.m. den vorhandenen Stellplätzen ergibt, für die Nachbarn unzumutbar ist. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Zum einen ist eine gute Nahverkehrsanbindung vorhanden, zum anderen bewegt sich die Zahl der regelmäßigen Nutzer der Moschee infolge der konkret gefassten Betriebsbeschreibung in einem Bereich, der erwarten lässt, dass die vorhandenen Stellplätze ausreichen. Darüber hinaus hat niemand einen Anspruch darauf, dass die auf den öffentlichen Verkehrsflächen gelegenen Stellplätze für ihn und seine Nutzung zur Verfügung stehen. Sofern bei den drei genehmigten größeren Veranstaltungen Parkprobleme auftauchen sollten, ist dies wie bei jeder anderen entsprechenden Nutzung von den Anliegern hinzunehmen. […]

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2.2.1. Die Abstandsflächen zum Grundstück der Klägerin werden durch das Gebäude eingehalten, auch durch das Minarett. […]

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2.3. Die weiteren Einwendungen der Klägerin führen ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage:
Die gerügte mangelnde Beteiligung der Klägerin am Verfahren wurde spätestens im Gerichtsverfahren nachgeholt, so dass eine Rechtsverletzung der Klägerin, falls eine solche vorgelegen haben sollte, jedenfalls geheilt wurde. […]

52

Da somit eine Verletzung nachbarschützender Rechte der Klägerin durch die Baugenehmigung nicht besteht, war die Klage abzuweisen. […]

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