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Rechtsurteile

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Kopfbedeckungsverbot im Fitnessstudio

In einem Fitnessstudio kann aus Gründen der Gesundheitsgefahr das Tragen von Schmuck, ungebundenen Haaren und auch jegliche Art von Kopfbedeckungen verboten werden. So ein Verbot stellt dann keine diskriminierende Handlung dar, wenn sie ausschließlich aus Sicherheitsgründen ausgesprochen wird. (Leitsatz der Redaktion)


Urteil:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Bremen-Blumenthal vom 30.01.2012 (Aktenzeichen 42 C 1005/10) wird als unbegründet zurückgewiesen. […]

 

Gründe:

 

[…] Die Kammer folgt - wie schon in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht - den Gründen des angefochtenen Urteils. Diese erweisen sich auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Parteien im Ergebnis als zutreffend. Unzutreffend meint die Klägerin, sie habe ausreichend Indizien für die Benachteiligung wegen einer Religionszugehörigkeit dargelegt und bewiesen, so dass die Beweislastumkehr aus § 22 AGG greife, mit der Folge, dass die Beklagte nunmehr darlegen und beweisen müsse, dass kein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsätze vorliegen würde. Eine solche Beweisführung ergibt sich aber weder aus der erstinstanzlichen Beweisaufnahme, noch aus den weiteren Erörterungen in der Berufungsinstanz.

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Ob § 22 AGG mit der Folge einer Beweislastumkehr greift, ist aus objektiver Sicht im Einzelfall zu beurteilen. Erforderlich ist dabei eine Gesamtbetrachtung aller Indizien. Es müssen Indizien (Vermutungstatsachen) bewiesen werden, die eine Benachteiligung i.S.d. § 3 (auch) aus einem nach § 1 AGG unzulässigen Grund vermuten lassen. […]

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Die Klägerin meint […], ein Indiz ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte ihr ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und Präjudiz 150,00 € angeboten hätte, ihr damit „die Schuld“ bewusst gewesen sei. Dieser Schlussfolgerung folgt das Gericht nicht. Gerade der ausdrückliche Ausschluss einer rechtlichen Anerkennung zeigt, dass es der Beklagte um die Erledigung der Streitigkeit ging, und stellt ein gängiges Instrumentarium in der Rechtspraxis dar, womit kein Indiz für eine Diskriminierungshandlung begründet wird. Andernfalls würde jedes gegenseitige Nachgeben im Rahmen von Vergleichsverhandlungen bei Rechtsstreitigkeiten innerhalb des AGG gleichzeitig mit einer Beweislastumkehr einhergehen.

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Aus dem Vortrag der Klägerin, dass sich das Kopfbedeckungsverbot nicht in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wiederfinde, während diese aber Regelungen zu Schmuck und Schuhen beinhalten, kann ebenfalls kein Indiz für eine Religionsbenachteiligung hergeleitet werden. Hier spricht schon die ausdrückliche Regelung zur Abnahme von Schmuck „vor dem Rollen“ […] gegen ein solches Indiz, weil es zeigt, dass eine Gesundheitsgefährdung an diesen Geräten durch Fremdkörper besteht. Die Nichtaufnahme eines Kopfbedeckungsverbotes begründet dagegen kein Indiz, weil dies auch aufzeigen kann, dass nicht an jedes erdenkliche Gefährdungspotential gedacht worden ist. Es leuchtet jedenfalls ein, dass, wenn schon Schmuck ein solches Gefährdungspotential darstellt, dies gerade auch für eine Kopfbedeckung gilt. […]

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Ebenso wenig kann aus der Kündigung der Klägerin einen Monat nach Vertragsschluss auf ein Indiz geschlossen werden, weil die Beklagte als Geschäftsfrau, nach Auffassung der Klägerin, doch auf den 24-Montats Vertag hätte bestehen können. Genau das wollte die Beklagte aber aus Sicherheitsgründen gerade nicht. Dagegen spricht auch nicht, dass die Beklagte damit trotz des Gefährdungspotentials der Klägerin dann mit Kopfbedeckung für einen weiteren Monat trainieren ließ. Auch dieser Umstand spricht gerade gegen die von der Klägerin gewünschte Indizwirkung. Denn wenn es der Beklagten darum ging, die Klägerin „loszuwerden“, hätte sie lebensnah eine fristlose Kündigung ausgesprochen. Die Beklagte hat aber nur eine außerordentliche (mit Fristsetzung) Kündigung ausgesprochen, und damit ein milderes Mittel herangezogen, und damit der Klägerin auch die Chance gegeben, sich nach anderen Sportstudios umzusehen, ohne einer Betätigungsunterbrechung ausgesetzt zu sein. Sicher war in diesem Zeitraum die Klägerin gefährdet, sich zu verletzten. Der Beklagten hätte aber, nachdem sie die Klägerin auf den streitgegenständlichen Umstand hingewiesen, und die Kündigung ausgesprochen hatte, daran kein Verschulden mehr getroffen. Nicht zuzumuten ist der Beklagten aber, ein dauerhaftes Gefährdungspotential zu dulden.

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Im Weiteren hat, wie vom Amtsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, die Klägerin selbst nie diskriminierende Äußerungen der Beklagten selbst wahrgenommen, und wurden auch nicht von der Zeugin X bestätigt, da sie solche nur vermutete. Soweit der Ehemann der Klägerin von der Beklagten den Grund für das Abnehmen der Kopfbedeckung mitgeteilt bekommen haben soll, erkennt das Gericht hierin kein Widerspruch. Die Beklagte sagte in ihrer persönlichen Anhörung am 10.10.2011 […], dass die Zeugin Y darauf hingewiesen habe, dass eine Kundin mit Kopftuch zu den Geräten gehen würde. Dies hat auch die Zeugin Y in ihrer Vernehmung bestätigt […]. Darin liegt sicherlich eine Beschwerde, und es ist auch nicht fernliegend, dass die Beklagte dies dem Ehemann der Klägerin mitgeteilt hat. Nun können Inhalte von - wie hier - weit zurückliegenden Telefonaten von beiden Seiten dem Wortlaut nach sicherlich schwer wiedergegeben werden. Wenn aber der Ehemann der Klägerin aussagt, die Beklagte habe ihm gegenüber geäußert, andere Gäste fühlten sich gestört, die Klägerin möge das Kopftuch abnehmen, auch andere muslimische Frauen müssten dies tun, so ist damit kein Indiz für eine Religionsbenachteiligung belegt. Denn die Zeugin Y und die Beklagte haben nach ihrer Bekundung damit lediglich auf den Verstoß gegen das Kopfbedeckungsverbot aufmerksam gemacht, an das sich andere halten, die Beklagte aber damit nicht in ihrer Religion benachteiligen wollen. Die Aussage des Ehemannes belegt damit die Religionsbenachteiligung nicht.

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Im Übrigen kann auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bremen verwiesen werden. Die Beweiswürdigung lässt insoweit keine Fehler erkennen. […]

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Das Gericht erkennt insgesamt keine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer diskriminierenden Handlung. Weder ist eine unmittelbare, noch eine mittelbare Diskriminierung der Klägerin belegt.

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Die Auffassung der Klägerin, es liege ein Eingriff in die Religionsfreiheit (Art. 4 GG) vor, kann schon deshalb nicht greifen, weil Art. 4 GG mit der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit und mit der ungestörten Religionsausübung einen von staatlicher Einflussnahme freien Rechtsraum gewährleisten muss, die individuelle Glaubens- und Bekenntnisfreiheit damit der Abwehr staatlicher Eingriffe dient, hier aber die Beklagte keine staatliche Einflussnahme genommen hat. […]

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Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (vgl. § 543 Abs. 2 ZPO) […]

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