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Rechtsurteile

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Kindergarten in muslimischer Trägerschaft

Ein Kindergarten in muslimischer Trägerschaft muss gewährleisten, dass die Kinder des Kindergartens nicht isoliert von der Gesellschaft aufwachsen und durch den Kontakt mit anderen Kindergärten und Kindern anderer Religionszugehörigkeit in die Gesellschaft integriert werden, um das Kindeswohl nicht zu gefährden. Auch muss der Träger gewährleisten, dass die Kinder der freiheitlich demokratischen Grundordnung entsprechend erzogen werden. Hieran fehlt es vor allem dann, wenn der Träger in seinen Vereinsräumen, die unmittelbar an die Räume des Kindergartens angrenzen, einem salafistischen Prediger ein Plenum bietet. (Leitsatz der Redaktion)


Leitsätze:

Die Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung zur Kindesbetreuung ist zu widerrufen, wenn der Träger (hier ein muslimischer Verein) Auflagen nicht erfüllt, die zur Gewährleistung der gesellschaftlichen Integration der Kinder unabdingbar sind. Der Widerruf hat nicht erst dann zu erfolgen, wenn der Verein auf Grund stichhaltiger Belege als islamistisch einzustufen ist.

Ein muslimischer Verein ist als Träger einer Kindertagesstätte nicht (mehr) geeignet, wenn er Auflagen und Aufforderungen der zuständigen Behörde, die eine Gefährdung des Kindeswohls durch parallele Gesellschaftsstrukturen verhindern sollen, über einen längeren Zeitraum nicht eigenständig umsetzt.

 

Beschluss:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 22. März 2019 wird zurückgewiesen. […]

 

Gründe:

 

Die Beschwerde ist unbegründet.

Mit ihr verfolgt der Antragsteller seinen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 11. Februar 2019 weiter, in dem die Erlaubnis für den Betrieb des Al Nur-Kindergartens in Mainz widerrufen wurde.

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Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 22. März 2019 im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Ausführungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, enthalten keine Gründe, aus denen der angegriffene Beschluss abzuändern ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO).

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Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Widerrufsbescheid vom 11. Februar 2019. Die im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu seinen Lasten aus. Der Widerrufsbescheid ist offensichtlich rechtmäßig (I.). Zudem nimmt § 45 Abs. 7 Satz 2 SGB VIII Rechtsbehelfen, die gegen den Widerruf einer Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung zur Kinderbetreuung gerichtet sind, die aufschiebende Wirkung; Gründe für eine Ausnahme von dieser gesetzlichen Vollzugsanordnung liegen nicht vor (II.).


I.

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Der Antragsgegner hat die am 5. November 2008 erteilte – mehrfach geänderte – Erlaubnis zum Betrieb des Al Nur-Kindergartens offensichtlich zu Recht widerrufen. Er hat seine Entscheidung auf § 45 Abs. 7 Satz 1 SGB VIII gestützt. Danach ist eine solche Erlaubnis zu widerrufen, wenn das Wohl der Kinder in der Einrichtung gefährdet und der Träger der Einrichtung nicht bereit oder nicht in der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden. Beide tatbestandlichen Voraussetzungen für den Widerruf sind erfüllt (1., 2.) und dieser verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der von der Verwaltung jederzeit zu beachten ist (3.).

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1. Das Wohl der im Al Nur-Kindergarten betreuten Kinder ist gefährdet.

a) Eine Gefährdung des Kindeswohls im Sinne von § 45 Abs. 7 Satz 1 SGB VIII liegt vor, wenn auf Grund objektiv feststellbarer Tatsachen eine gegenwärtige oder nahe bevorstehende, nicht unerhebliche Gefahr für das Wohl der Kinder gegeben ist; die Gefahr muss konkret sein, es muss also die hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt bestehen; unerheblich ist, ob die Gefahr durch ein Verschulden des Einrichtungsträgers verursacht wird […].

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Diese Konkretisierung des Begriffs der Kindeswohlgefährdung erfolgt in Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 1666 BGB. Allerdings können die dort aufgestellten Anforderungen nicht in Gänze übernommen werden, da der Widerruf einer Erlaubnis für den Betrieb einer Kindertagesstätte nicht das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Recht der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder unmittelbar betrifft. Insbesondere ist es im Rahmen von § 45 Abs. 7 Satz 1 SGB VIII nicht erforderlich, dass es sich um eine gegenwärtige Gefahr handelt […]. Es genügt, wenn der Eintritt der negativen Auswirkungen bei normalem Verlauf der Dinge für die nächste Zeit zu besorgen ist […]. Eine Gefährdung des Kindeswohls kann demzufolge bejaht werden, sobald die begründete Besorgnis besteht, dass bei Nichteingreifen das Kindeswohl beeinträchtigt wird […]. Negative Auswirkungen auf die Kinder sind insbesondere anzunehmen, wenn die in § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 SGB VIII genannten Kriterien nicht erfüllt sind. Umgekehrt ist nämlich davon auszugehen, dass, wenn die Kriterien erfüllt sind, das Kindeswohl gewährleistet ist […]. Allerdings ist eine Gefährdung des Kindeswohls nicht immer schon dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Betriebserlaubnis nachträglich entfallen sind […].

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b) Auf Grund objektiver Anhaltspunkte ist zu besorgen, dass der weitere Betrieb des Al-Nur-Kindergartens zu erheblichen Beeinträchtigungen des Wohls der betreuten Kinder führt.

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Es besteht die konkrete Gefahr, dass die gesellschaftliche Integration der Kinder erschwert wird. Bei objektiver Betrachtung des Verhaltens des Antragstellers hat dieser nicht im erforderlichen Umfang die ihm als Träger der Einrichtung obliegenden Maßnahmen ergriffen, um einem Abgleiten der betreuten Kinder in eine Parallelgesellschaft vorzubeugen. Die Widerrufsmöglichkeit in § 45 Abs. 7 Satz 1 SGB VIII ist in Fällen, in denen das Regelbeispiel für die Gewährleistung des Kindeswohls in § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII – Unterstützung der gesellschaftlichen Integration – nicht erfüllt ist, nicht erst gegeben, wenn die Gefahr besteht, dass die Einrichtung selbst Teil einer Parallelgesellschaft ist oder wird […]. Schon aus dem Wortlaut des Regelbeispiels („unterstützt“) ergibt sich, dass das Kindeswohl schon dann gefährdet ist, wenn der Gefahr des Entstehens einer oder des Abgleitens in eine Parallelgesellschaft nicht wirksam entgegengewirkt wird. Die gesellschaftliche Integration wird dann nicht ausreichend unterstützt.

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Das Gefahrenpotenzial wird hier dadurch verstärkt, dass sich der Antragsteller in seiner Funktion als Betreiber des Kindergartens nicht in ausreichendem Maße und in für die Kinder klar erkennbarer Weise von Personen und Schriften distanziert hat, die dem islamistischen Spektrum zuzuordnen sind. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers setzt die gesellschaftliche Integration unabdingbar die Anerkennung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Deutschland voraus. Zu der Grundordnung gehören insbesondere das Bekenntnis zum Demokratieprinzip und die Respektierung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte in all ihren Ausprägungen […]. Personen und Schriften, die eine klare Trennung von Religion und Staat ablehnen, die Meinungsfreiheit in religiösen Fragen einschränken und die Gleichberechtigung der Frauen unter den Vorbehalt religiöser Regelungen stellen, stehen nicht im Einklang mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

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aa) Die Gefahr, dass eine religiös geprägte Parallelgesellschaft gefördert werden könnte, wurde in Bezug auf den Al Nur-Kindergarten schon vor Erteilung der Erlaubnis zu seinem Betrieb gesehen.

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So hat etwa die Beauftragte der Landesregierung für Migration und Integration in ihrer Stellungnahme vom 3. April 2008 […] festgehalten, die Einrichtung des Kindergartens laufe faktisch darauf hinaus, dass Kinder von Eltern mit einem bestimmten Migrationshintergrund und einem bestimmten Islamverständnis weitgehend separiert von anderen Kindern aufwachsen. Sie hat dies nachvollziehbar anhand verschiedener Kriterien, wie etwa der Erstsprache der infrage kommenden Kinder und der Mitgliederstruktur des Antragstellers begründet. Zu einer ähnlichen Bewertung kommt das Ministerium des Innern und für Sport in seiner Einschätzung vom 21. Februar 2008 […]. Abschließend wurde es dort als fraglich erachtet, inwieweit der Kindergarten hinreichend auf den Umgang mit anderen, mehrheitlich nichtmuslimischen Gruppen, zum Beispiel in der Grundschule, vorbereiten könne. Begründet wurde dies nachvollziehbar damit, dass die Kinder wahrscheinlich fast ausschließlich aus muslimischen Familien mit einem Migrationshintergrund kommen würden und der konkreten islamischen Prägung des Kindergartens.

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Diese Problematik war Gegenstand diverser Gespräche zwischen dem Antragsgegner und dem Antragsteller und wurde offensichtlich von diesem auch gesehen. Denn er hat in das Konzept für den Kindergarten […] die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen […] und mit einem wissenschaftlichen Beirat […] aufgenommen, um der Isolierung der Kinder zu begegnen. Aus sämtlichen Gesprächen im Vorfeld der Erteilung der Betriebserlaubnis ergibt sich, dass allen Beteiligten bewusst war, dass die Gefahr der Isolierung der Kinder und die damit verbundene Gefahr ihres Abgleitens in eine Parallelgesellschaft islamischer Prägung verhindert werden musste.

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bb) Vor diesem Hintergrund gewinnen die Auflagen in der Betriebserlaubnis vom 5. November 2008 zu den regelmäßigen Kontakten mit anderen Kindergärten und zum wissenschaftlichen Beirat besondere Bedeutung.

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Auf Grund der Vorgeschichte musste dem Antragsteller bewusst sein, dass er die Betriebserlaubnis ohne diese Auflagen nicht erhalten hätte. Ebenso musste ihm klar sein, dass die Einhaltung der Auflagen in seiner Verantwortung lag. Schließlich konnte es keinen Zweifel darüber geben, dass die Auflagen ohne Unterbrechung in vollem Umfang zu befolgen waren. Durch die Bezugnahme der erstgenannten Auflage auf Nr. 1.2 des Konzeptes des Antragstellers vom September 2008 wurde deutlich, dass der Antragsgegner nicht nur sporadische Kontakte mit anderen Kindertagesstätten erwartete, sondern davon ausging, dass die vom Antragsteller betreuten Kinder regelmäßig bei gemeinsamen Aktivitäten wie Ausflügen oder Basteln Kinder anderer Einrichtungen treffen sollten. In Bezug auf den wissenschaftlichen Beirat ergibt sich aus der Betriebserlaubnis eindeutig, dass dieser den Antragsteller gerade in Bezug auf die interkulturelle Erziehung fachlich begleiten und dem Antragsgegner berichten sollte. Aus dem Begriff der „Begleitung“ lässt sich ablesen, dass der Antragsgegner nur punktuelle Kontakte zwischen dem Beirat und dem Antragsteller nicht als ausreichend ansah.

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Rechtliche Bedenken gegen die im Übrigen bestandskräftigen Auflagen bestehen nicht. Sie sind nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII grundsätzlich zulässig und dürfen einer Betriebserlaubnis gerade in den Fällen beigefügt werden, in denen die gesellschaftliche Integration der Kinder ansonsten nicht sichergestellt ist. Insbesondere kann die Kooperation mit anderen Institutionen zur Auflage gemacht werden. Solche Auflagen sind indes unzulässig, wenn die Erlaubnisbehörde nicht davon ausgehen kann, dass der Träger bereit und in der Lage ist, Defizite, die einer dauerhaften Gewährleistung des Kindeswohls entgegenstehen, auszuräumen […]. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Betriebserlaubnis bestand eine solche negative Einschätzung nicht. Es gab zwar Bedenken hinsichtlich der Einstellung des Antragstellers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung […]. Allerdings konnten sich diese zwangsläufig noch nicht auf die Rolle des Antragstellers als Betreiber einer Kindertagesstätte beziehen. Dementsprechend konnte der Antragsgegner am 5. November 2008 keine belastbare Einschätzung dazu haben, ob der Antragssteller die Auflagen erfüllen werde.

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cc) Die in Bezug auf den Al Nur-Kindergarten von Anfang an gesehene Gefahr der unzureichenden Integration der betreuten Kinder ist akut geworden, da der Antragsteller die Auflagen in der Betriebserlaubnis vom 5. November 2008 nicht befolgt hat.

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Von einer den Widerruf einer Betriebserlaubnis rechtfertigenden Gefährdung des Kindeswohls ist schon dann auszugehen, wenn zwar ein geeignetes pädagogisches Konzept für die Einrichtung vorliegt, dessen Umsetzung jedoch nicht oder in ungeeigneter Weise erfolgt […]. Dasselbe muss gelten, wenn Auflagen nicht befolgt werden, die der Umsetzung eines geeigneten pädagogischen Konzepts dienen. Hier wurde das im September 2008 vom Antragsteller vorgelegte Konzept zwar vom Antragsgegner als ausreichend erachtet. Zur Gewährleistung seiner Einhaltung und insbesondere der Regeln zur Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und zum wissenschaftlichen Beirat machte er indes die beiden bereits benannten Auflagen. Gegen diese hat der Antragsteller massiv verstoßen.

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dd) Dies gilt zunächst in Bezug auf die Auflage zur Zusammenarbeit mit anderen Kindergärten. Diese beschränkte sich nach dem Konzept nicht nur auf wechselseitige Kontakte der Betreuer. Vielmehr sollte die Begegnung der Kinder im Mittelpunkt stehen. Für die Zeit vor dem 15. Mai 2013 finden sich in den Verwaltungsakten keine Belege für Kontakte der Kinder des Al Nur-Kindergartens zu Kindern anderer Kindertagesstätten. Bei dem Gespräch an diesem Tag gab der Antragsgegner dem Antragsteller auf, einmal pro Quartal über die interkulturellen Kontakte zu berichten. Für die Zeit von August 2012 bis Juli 2013 benannte der Antragsteller nur einen Besuch bei einem anderen Kindergarten, für die Zeit danach bis Dezember 2013 keinen. Eine Liste der Aktivitäten für Januar bis Juli 2014 weist keinen Kindergartenbesuch auf. Im Schreiben vom 31. März 2017 räumt der Antragsteller sogar selbst ein, es habe seit Januar 2016 – und damit seit über einem Jahr – keinen Kontakt zu anderen Kindergärten mehr gegeben. Erst ab Sommer 2017 nahm der Antragsteller wieder Kontakt zu anderen Kindertagesstätten auf. Dem voraus ging allerdings eine gezielte Aufforderung des Antragsgegners. Dieser hatte zuvor mehrfach die Einhaltung dieser Auflagen und die entsprechenden Nachweise gefordert. Im Jahr 2018 fand außerhalb der interkulturellen Aktionswoche nur ein gemeinsames Basteln mit anderen Kindern statt, ein weiteres war geplant. Für das Jahr 2019 waren ausweislich der Verwaltungsakten außerhalb der interkulturellen Woche keine gemeinsamen Aktivitäten mit anderen Kindertagesstätten geplant.

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Angesichts dieser Fakten kann von regelmäßigen gemeinsamen Aktivitäten mit anderen Kindergärten auf Ebene der Kinder ebenso wenig gesprochen werden wie von einer ausreichenden Dokumentation und Berichterstattung. Der Antragsteller hat über lange Zeiträume keinen Kontakt zwischen Kindern seines Kindergartens mit Kindern anderer Kindertagesstätten gewährleistet. Zudem fehlt der geforderte quartalsweise Bericht. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass der Antragsteller die Bedeutung der Auflage und des mit ihr bezweckten Austauschs mit Kindern anderer Konfessionen bzw. aus einem anderen Umfeld verkannte. Hinzu kommt, dass er nach Aktenlage mit wenigen Ausnahmen nicht eigeninitiativ vorging. Die Kontakte zu anderen Institutionen, wobei insbesondere auf die zu anderen Kindergärten abzustellen ist, wurden entweder auf Aufforderung des Antragsgegners oder im Rahmen der interkulturellen Wochen ermöglicht. Die Behauptung des Antragstellers, die Besuche seien zeitweise wegen Personalnot zurückgestellt worden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Auf Grund der essenziellen Bedeutung der Auflage für die Betriebserlaubnis hätte das Personal vorrangig dazu eingesetzt werden müssen, interkulturelle Kontakte der Kinder zu ermöglichen.

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ee) Die Auflage zum wissenschaftlichen Beirat hat der Antragsteller ebenfalls nicht erfüllt, was die gesellschaftliche Integration der Kinder zusätzlich gefährdet.

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Zunächst ist er der in der Betriebserlaubnis vom 5. November 2008 enthaltenen Pflicht, dem Antragsgegner etwaige Wechsel der Mitglieder des Beirats zu melden, weitestgehend nicht und in keinem Fall ohne Aufforderung nachgekommen. So hat er insbesondere nicht mitgeteilt, dass bis zum Sommer 2017 sämtliche Mitglieder des Beirats bis auf zwei ausgeschieden waren. Zudem fehlen die jährlichen Berichte für den Zeitraum von November 2008 bis heute. Eine fachliche Begleitung des Kindergartens durch den wissenschaftlichen Beirat, so wie sie in der Betriebserlaubnis vorgesehen war, fand allenfalls kurz nach deren Erteilung und später mit Unterstützung des Antragsgegners ab Frühjahr 2018 statt. Nach dem am 28. August 2008 durchgeführten Gespräch zwischen den Beteiligten sollte der Beirat die Arbeit des Kindergartens regelmäßig evaluieren und das Personal ebenso regelmäßig beraten. Schon im Jahr 2009 tagte der Beirat nur im Januar und die Mitglieder besuchten die Einrichtung des Antragstellers vereinzelt. Für die Zeit danach bis April 2012 finden sich keine Nachweise über Aktivitäten des Beirats in den Akten. Danach findet sich ein Hinweis auf ein Treffen im Januar 2015 und – auf Aufforderung – die Angabe des Antragstellers, der Beirat habe sich am 29. August 2017 getroffen. Somit fehlen Nachweise für eine durchgehende Beratung. Dem Antragsteller stand zudem seit Ablauf seiner Mitgliedschaft im Paritätischen Wohlfahrtsverband zum 30. September 2013 kein externer Sachverstand für die pädagogische Arbeit mehr zur Seite.

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Diese Versäumnisse sind im vollen Umfang dem Antragsteller anzulasten. Denn er hat als Inhaber der Betriebserlaubnis dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche Auflagen exakt und fristgerecht umgesetzt werden. Er kann insbesondere nicht einwenden, er habe den Austritt einzelner Mitglieder aus dem wissenschaftlichen Beirat nicht verhindern können. Gerade in diesen Fällen hätte es sich ihm aufdrängen müssen, den Antragsgegner zu informieren. Ebenso hätte es ihm angesichts der Bedeutung der Auflage klar sein müssen, dass er selbst unverzüglich für Ersatz zu sorgen hatte. Wie schon im Hinblick auf die Auflage zur Zusammenarbeit mit anderen Institutionen zeigt sich auch hier in dem Verhalten des Antragstellers, dass er die Bedeutung der Auflage für die gesellschaftliche Integration der von ihm betreuten Kinder verkannte.

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c) Die in Bezug auf den Al Nur-Kindergarten von Beginn an gesehene Gefahr der Beeinträchtigung einer ausreichenden gesellschaftlichen Integration der Kinder blieb somit keine rein abstrakte. So wurde bereits beim Einrichtungsbesuch am 22. September 2009 […] festgestellt, dass sämtliche der damals 18 betreuten Kinder einen Migrationshintergrund aufwiesen. Damit ist der Ansatzpunkt für die Bedenken der Beauftragten der Landesregierung für Migration und Integration in ihrer Einschätzung vom 3. April 2008 real geworden. Zudem ist nach Einschätzung des Antragsgegners beim Beratungsbesuch am 19. März 2014 der Wille des Antragstellers, Kinder unabhängig von ihrem Glauben in den Kindergarten aufzunehmen, auf Grund der Rahmenbedingungen als theoretischer Ansatz zu werten […]. Dieser Beratungsbesuch zeigte auch in anderer Hinsicht Schwierigkeiten bei der gesellschaftlichen Integration auf. Einem männlichen Besucher wurde nämlich aus religiösen Gründen der Handschlag verweigert. Dies ist jedenfalls ein Indiz für eine bedenkliche Einstellung zu den Grundrechten. Denn sie zeigt, dass der die Begrüßung Verweigernde sein Recht auf Religionsfreiheit über die Menschenwürde des Anderen stellt.

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d) Die Gefährdung des Kindeswohls durch Erschwerung der gesellschaftlichen Integration wird durch den Umgang des Antragstellers mit Personen, Schriften und Institutionen aus dem islamistischen Umfeld verstärkt.

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aa) Dabei ist zwischen dem Antragsteller als juristischer Person als solcher und dem Antragsteller in seiner Funktion als Träger einer dem Kindeswohl verpflichteten Einrichtung zu unterscheiden. Als Träger einer solchen Einrichtung hat er aktiv an der Gewährleistung des Kindeswohls mitzuarbeiten. Insbesondere ist er zur aktiven Unterstützung der gesellschaftlichen Integration der Kinder verpflichtet (§ 45 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 2 SGB VIII). Er hat dabei etwaige Gefährdungslagen in Bezug auf die Integration unverzüglich zu beseitigen […]. Er selbst muss prüfen, welche Maßnahmen effektiv und nachhaltig die Gefährdung beseitigen. In der Regel genügt es nicht, die Gefährdungssituation zu kommentieren oder sich von den Personen, die sie verursacht haben, zu distanzieren. Im Fall des Antragstellers ist zudem die räumliche Situation zu beachten. Die Räume des Kindergartens befinden sich im gleichen Gebäude wie die Vereinsräume und die Moschee. Mit Blick auf die Schutzlosigkeit der Kinder vor äußeren Einflüssen muss der Antragsteller als Betreiber des Kindergartens besondere Sorgfalt darauf verwenden, die Kinder von Eindrücken fernzuhalten, die ihre gesellschaftliche Integration gefährden könnten.

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Der Antragsgegner hingegen hat als Träger der staatlichen Wächter- und Aufsichtsfunktion (Art. 6 Abs. Satz 2 GG, § 46 SGB VIII) die Pflicht, jeglichen Ansatz zur Förderung einer Parallelgesellschaft zu unterbinden. Diese Pflicht setzt nicht erst ein, wenn beim Träger einer dem Kindeswohl verpflichteten Einrichtung belastbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er selbst als islamistisch einzustufen ist. Eine solche Sichtweise würde der präventiven Ausrichtung der Gewährleistung des Kindeswohls nicht ausreichend Rechnung tragen. Die zuständigen Behörden müssen vielmehr bereits handeln, wenn der jeweilige Träger keine ausreichenden Vorkehrungen trifft, um die von ihm betreuten Kinder vor religiösen Einflüssen zu schützen, die nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Einklang stehen. Dazu gehören islamistische Ideologien, die religiös motivierte Straftaten befürworten oder die Meinungsfreiheit in sämtlichen religiösen Fragen sowie die uneingeschränkte Gleichbehandlung von Mann und Frau in Abrede stellen.

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Die oben dargestellten Defizite des Antragstellers in Bezug auf die gesellschaftliche Integration der von ihm betreuten Kinder werden zusätzlich bestätigt durch seinen zumindest sorglosen Umgang mit kindeswohlgefährdenden Einflüssen. Er ließ insbesondere in seinen Vereinsräumen, in denen sich auch der Kindergarten befindet, Personen auftreten, die islamistische Auffassungen vertreten, hielt eine Schrift mit ebensolchem Inhalt, die in die Liste der jugendgefährdenden Medien eingetragen ist, bereit, und stellte seine Räume für die Einrichtung eines bekannten Islamisten zur Verfügung.

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bb) Am 31. Dezember 2012 ließ er den salafistischen Prediger A. vor 80 Zuhörern in seinen Räumen auftreten. A. vertritt Ansichten, die im Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen, wie etwa mit dem Grundgesetz unvereinbare Auffassungen zu Frauen- und Minderheitenrechten sowie zur Glaubens- und Gewissensfreiheit. Im Januar 2017 hielt N., der die Anschläge vom 11. September 2001 befürwortet, in der Moschee des Antragstellers einen Vortrag. Der Antragsteller stellte zudem seine Räume der I. University für Prüfungen zur Verfügung, deren Betreiber P. ein bekannter Hassprediger ist. Bei einem Stand beim Interkulturellen Fest im Jahr 2015 in Mainz legte er die Schrift „Missverständnisse über Menschenrechte im Islam“ des saudischen Verfassers R. aus, die als jugendgefährdend eingestuft wird.

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Es kann offenbleiben, ob der Einwand des Antragsstellers, er habe diese Hintergründe nicht (vollständig) gekannt, zutrifft oder als Schutzbehauptung zu werten ist. Allein die Tatsache, dass er – teilweise sogar in unmittelbarer Nähe zu dem Kindergarten – ein Forum für extremistisches Gedankengut bot, lässt eine Kindeswohlgefährdung befürchten. So ist nicht ausgeschlossen, dass die von ihm betreuten Kinder zum Beispiel über ihre Eltern in entsprechender Weise beeinflusst werden, was die Entstehung von Parallelgesellschaften fördert. Der Antragsteller hat objektiv eine Nähe zwischen islamistischem Gedankengut und den Kindern geschaffen. Ebenso wie bei der Nichterfüllung der Auflagen zur Verhinderung der gesellschaftlichen Abschottung der Kinder ist er sich offenbar seiner Schutzpflichten gegenüber den ihm anvertrauten Kindern nicht bewusst.

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cc) In einer Gesamtschau rechtfertigt das Verhalten des Antragstellers die Annahme der Kindeswohlgefährdung. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob er selbst unter Berücksichtigung der Einschätzung des Ministeriums des Innern und für Sport […] und den ihr widersprechenden Stellungnahmen von Prof. Dr. S. als islamistisch, salafistisch oder den Muslimbrüdern nahe stehend einzustufen ist.

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e) Der demgegenüber erhobene Einwand, die Kinder würden im Al Nur-Kindergarten gut betreut, wie der Antragsgegner mehrfach festgestellt habe, greift nicht durch. Er führt insbesondere nicht zu der Feststellung, eine Kindeswohlgefährdung sei nicht ausreichend aktuell, um den Widerruf der Erlaubnis zum Betrieb des Kindergartens zu rechtfertigen. Die Feststellungen zur Betreuung der Kinder beziehen sich auf äußere Umstände. Damit wird keine Aussage dazu getroffen, ob die Kinder durch das vom Antragsteller zu verantwortende Geschehen im Umfeld des Kindergartens innere Eindrücke gewinnen, die ihre gesellschaftliche Integration gefährden. Die Kindeswohlgefährdung wurde durch das Verhalten des Antragstellers, vor allem durch die Nichtbefolgung der Auflagen in der Betriebserlaubnis vom 5. November 2008, aktiviert. Denn auf Grund dieses Verhaltens sind die Kinder im Al Nur-Kindergarten stärker als andere Kinder gefährdet, sich Kreisen anzuschließen, die nicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechende Ansichten vertreten.

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2. Der Antragsteller ist nicht imstande, die Gefährdung der gesellschaftlichen Integration der im Al Nur-Kindergarten betreuten Kinder abzuwenden.

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a) Die Prüfung hat sich nach dem Gesetzeswortlaut ausschließlich am Antragsteller als Träger der betroffenen Einrichtung zu orientieren […]. Es ist seine Aufgabe, etwaige Gefährdungslagen und sonstige Mängel unverzüglich zu beseitigen […]. Für die Prognose der Eignung zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung sind die maßgeblichen Umstände umfassend heranzuziehen, also die Verhältnisse in der Einrichtung und das mutmaßliche Verhalten des Trägers unter Beachtung seiner Möglichkeiten […], wobei zu beachten ist, ob die Missstände in der gebotenen Eile beseitigt werden […]. Für die Eignung zur Beseitigung von Gefährdungen des Kindeswohls ist es von besonderer Bedeutung, ob der Träger der Einrichtung die nötige Einsichtsfähigkeit besitzt und bereit ist, Beanstandungen der zuständigen Behörde Rechnung zu tragen […]. Es lässt auf fehlende Eignung schließen, wenn Forderungen der Behörde zur Mängelbeseitigung offenkundig nicht mit dem notwendigen Ernst begegnet wird […].

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b) Nach Bewertung der Umstände, so wie sie sich aus den Verwaltungsakten und dem Vorbringen der Beteiligten ergeben, fällt die Prognose, ob der Antragsteller zur Beseitigung von Gefährdungssituationen im Al Nur-Kindergarten willens und in der Lage ist, eindeutig negativ aus. Dies ergibt sich aus der Kommunikation zwischen den Beteiligten im Hinblick auf die beiden mehrfach genannten Auflagen und aus dem Verhalten des Antragstellers in Bezug auf Personen, Institutionen und Schriften mit islamistischen Hintergrund. Demgegenüber ist von geringerem Gewicht, dass der Antragsteller vereinzelt Forderungen des Antragsgegners umsetzte.

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aa) Der Antragsteller hat die beiden Auflagen in der Betriebserlaubnis vom 5. November 2008 zu den Kontakten zu anderen Institutionen und zum wissenschaftlichen Beirat jahrelang nicht, zumindest nicht vollständig, erfüllt. […] In Bezug auf die Eignungsprognose ist bedeutsam, dass der Antragsteller regelmäßig erst auf Intervention des Antragsgegners aktiv wurde. So wurde der Antragsteller mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 […] angemahnt, über die Erfüllung der Auflagen zu berichten. Weitere Aufforderungen erfolgten am 21. Januar 2015, 12. Juli 2017 und 28. August 2017. Schon diese Auflistung zeigt, dass der Antragsteller die Auflagen nicht eigenständig in vollem Umfang erfüllen wollte oder konnte. Die Notwendigkeit mehrfacher Nachfragen in einem kurzen Zeitraum ist zudem ein Indiz dafür, dass die Anordnungen des Antragsgegners vom Antragsteller nicht ausreichend ernst genommen wurden. Dies zeigt im Übrigen auch sein Verhalten nach dem Gespräch am 21. September 2017, in dem die Beteiligten von einer Auflösung des wissenschaftlichen Beirats ausgingen. In dieser Situation wäre es die Aufgabe des Antragstellers gewesen, sich um die Gründung eines neuen Beirats bzw. um die Fortsetzung der Aktivitäten der früheren Mitglieder zu bemühen. Ein solches Bemühen fehlt. Stattdessen hat der Antragsgegner es übernehmen müssen, geeignete Mitglieder für den wissenschaftlichen Beirat zu suchen. Ein weiteres Indiz dafür, dass der Antragsteller den Auflagen und den Forderungen des Antragsgegners nicht die Bedeutung beimaß, die ihnen im Hinblick auf die Gewährleistung der gesellschaftlichen Integration der Kinder zukommt, sind seine Erklärungsversuche in Bezug auf die nicht durchgeführten Kontakte zu anderen Institutionen. Der Antragsteller verweist insofern darauf, dass er zeitweise nicht über ausreichend Personal verfügt habe, um solche Besuche durchzuführen. Er übersieht dabei offenbar, dass die Erteilung – und damit die Fortgeltung – seiner Betriebserlaubnis von den Auflagen abhing. Bei angemessener Berücksichtigung ihrer Bedeutung hätte er andere Projekte zurückstellen müssen, um regelmäßige Kontakte der von ihm betreuten Kinder zu Kindern anderer Kindertagesstätten zu ermöglichen.

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bb) Das Verhalten des Antragstellers im Nachgang zu den Vorwürfen in Bezug auf die beiden Prediger, die I. University und die islamistische Schrift sind ein weiteres Indiz dafür, dass er nicht zur Beseitigung integrationsgefährdender Umstände geeignet ist. Seine Erklärungen sind in diesen Fällen darauf ausgerichtet, die Bedeutung der Vorfälle herunterzuspielen und seine Vorgehensweise zu rechtfertigen. An keiner Stelle wird deutlich, dass sich der Antragsteller mit der Frage auseinandergesetzt hätte, welche Auswirkungen die Vorfälle auf die Kinder haben könnten.

38

cc) Die Indizien für eine mangelnde Eignung des Antragstellers zur Gewährleistung der gesellschaftlichen Integration der Kinder im Al Nur-Kindergarten werden durch sein aktuelles Verhalten nicht widerlegt. Im Hinblick auf die Eignung zur Förderung der Integration ist zu prüfen, ob der Betreiber der Einrichtung das Kindeswohl in diesem Bereich dauerhaft gewährleisten kann […]. Das kann beim Antragsteller auch im Lichte seines jetzigen Verhaltens nicht angenommen werden. Dagegen spricht bereits ein Vergleich der Zeiten beanstandungswürdigen und beanstandungsfreien Verhaltens. Ferner ist nicht zu erwarten, dass der Antragsteller sein Verhalten ohne weitere Interventionen längerfristig beibehalten wird. So fehlen Anhaltspunkte dafür, dass er inzwischen die Bedeutung der beiden Auflagen erkannt hat und bereit ist, sie von sich aus in vollem Umfang zu erfüllen. Deshalb bleibt fraglich, ob sich der Antragsteller inzwischen seiner Rolle als Betreiber einer dem Kindeswohl verpflichteten Einrichtung bewusst ist und im Hinblick auf die möglichen Wirkungen seines Umgangs mit Personen und Schriften aus dem islamistischen Umfeld auf die Kinder genügend Sensibilität entwickelt hat. Sein Vorbringen im Beschwerdeverfahren spricht dagegen. Dort erläutert er sein Verhalten und seine Einstellung zum Islamismus. Er berücksichtigt indes an keiner Stelle die Perspektive der Kinder.

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Unerheblich ist, ob und aus welchen Gründen der Antragsgegner in bestimmten Zeiten keine Beanstandungen aussprach. Der Antragsteller kann daraus keine Rechtfertigung für sein Verhalten ableiten. Denn es ist zuvörderst seine Pflicht, das Kindeswohl zu gewährleisten und den dazu in die Betriebserlaubnis aufgenommenen Auflagen nachzukommen.

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3. Der Antragsgegner hat mit dem Widerrufsbescheid nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Vor allem ist nicht zu erkennen, dass es mildere und zugleich ebenso effektive Mittel zur Sicherung des Kindeswohls gegeben hätte. Als solches Mittel sieht der Gesetzgeber zunächst in § 45 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII die Beratung des Erlaubnisinhabers vor. Dieser Beratungspflicht ist der Antragsgegner nachgekommen. So hat es insbesondere seit Mai 2013 eine Vielzahl von Besuchen im Al Nur-Kindergarten und zahlreiche Beratungsgespräche mit dem Antragssteller gegeben. Als weiteres Mittel ist in § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB VIII die Möglichkeit vorgesehen, nachträglich Auflagen zur Sicherung des Kindeswohls zu machen. Diese Möglichkeit scheidet im konkreten Fall aus. Denn zur Gewährleistung der gesellschaftlichen Integration kommen ersichtlich keine anderen Auflagen in Betracht als die, die bereits in der Betriebserlaubnis vom 5. November 2008 enthalten sind. Gerade diese Auflagen hat der Antragsteller jedoch nicht befolgt, so dass es nicht erfolgversprechend ist, dieselben Auflagen zu wiederholen bzw. weitere Auflagen zwecks Durchsetzung der ersten auszusprechen.


II.

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Es gibt keinen Gesichtspunkt, der die Aufhebung des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs des offensichtlich rechtmäßigen Widerrufsbescheids rechtfertigt.

42

Ein solcher könnte allenfalls darin gesehen werden, dass durch den Widerruf der Erlaubnis zum Betrieb des Kindergartens Rechte beeinträchtigt würden, die verfassungsrechtlich einen höheren Rang einnehmen als der Schutz des Kindeswohls. Rechte der Kinder scheiden insoweit aus, da der angegriffene Widerrufsbescheid gerade ihrem Schutze dient. Der mit dem Widerruf verbundene Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Antragstellers ist zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter, zu denen das Kindeswohl zählt, statthaft […]. Überdies steht die Berufsfreiheit unter Gesetzesvorbehalt, kann also vom Gesetzgeber – wie hier in § 45 SGB VIII geschehen – eingeschränkt werden. Die Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 2 Satz 1, 2 GG) ist hier nicht unmittelbar beeinträchtigt. Denn der angegriffene Bescheid vom 11. Februar 2019 untersagt nicht die religiöse Betätigung als solche. Im Übrigen wäre ein Eingriff durch den Schutz des Kindeswohls gerechtfertigt. […]

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