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Rechtsurteile

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Formerfordernisse bezüglich einer islamischen Ehe

Eine vor 23 Jahren nur nach islamischem Ritus geschlossene Ehe erfüllt nicht das Formerfordernis des § 1310 Abs. 1 BGB, sodass nach deutschem Recht von Anfang an keine Ehe bestand. (Leitsatz der Redaktion)


Leitsatz:

Eine "Eheschließung" afghanischer Staatsangehöriger, die im Jahre 1992 in Deutschland erfolgte und lediglich durch eine Heiratsurkunde eines sog. "Informationsbüros der afghanischen Mojahedin" nachgewiesen werden kann, genügt nicht den Formerfordernissen des deutschen Rechts.

 

Beschluss:

1. Der Antrag auf Scheidung der am 25.07.1992 geschlossenen Ehe der Beteiligten wird abgewiesen. Auf den Hilfsantrag wird das Nichtbestehen einer Ehe nach deutschem Recht festgestellt. […]

 

Gründe:

 

Die Antragstellerin begehrt die Scheidung der nach ihrer Auffassung am 25.07.1992 in A geschlossenen Ehe mit dem Antragsgegner. Sie beruft sich dabei auf eine "Heiratsurkunde", ausgestellt vom "Informationsbüro der afghanischen Mojahedin" vom 03.01.1993, wonach die Beteiligten am 25.07.1992 in A durch eine Person Namens B nach islamischen Scharia-Vorschriften vollzogen wurde, sowie auf eine Bestätigung der Botschaft des islamischen Staates Afghanistan vom 18.01.1993, wonach die Botschaft die Echtheit der Heiratsurkunde der Eheleute bestätigt.

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Im Jahre 1992 war die beteiligte Ehefrau afghanische Staatsangehörige; danach erwarb sie die deutsche Staatsangehörigkeit.

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Der beteiligte Ehemann ist nach seinen Angaben jetzt deutscher Staatsangehöriger; wann er die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, weiß er nicht mehr.

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Seit dem Jahre 1992 lebten die Beteiligten zusammen. Sie haben 2 gemeinsame Kinder, die beide volljährig sind.

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Im September 2014 endete die Lebensgemeinschaft durch Auszug des Antragsgegners aus der bisher gemeinsamen Wohnung.

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Die Antragstellerin beantragt,

die am 25.07.1992 in A vor dem Vollzieher der Trauung B geschlossene Ehe der Beteiligten zu scheiden, hilfsweise, die Feststellung des Nichtbestehens der Ehe gemäß § 632 ZPO.

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Sie behauptet, der bezeichnete Vollzieher der Trauung sei "Standesbeamter" des afghanischen Staates gewesen und meint, durch die Vorlage der beschriebenen Dokumente sei die wirksame Eheschließung hinreichend erwiesen.

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Der beteiligte Ehemann erklärt, die Trauung sei von einem "Mullah" ausgesprochen worden und darum könne die Ehe nur von einem Mullah aufgehoben werden.

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Unter diesen Umständen war der Antrag auf Scheidung der Ehe abzuweisen, weil eine wirksame Eheschließung nicht nachgewiesen ist. Gemäß § 1310 Abs. 1 BGB kann in Deutschland eine Ehe nur dadurch geschlossen werden, dass die Ehegatten vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

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"Standesbeamter" im Sinne dieser Bestimmung ist in erster Linie, wer bei einem deutschen Standesamt als solcher zu dieser Aufgabe bestellt worden ist. Ob "Standesbeamter" im Sinne dieser Bestimmung auch sein kann, wer diese Funktion als Bediensteter eines bei einer ausländischen Botschaft oder einem ausländischen Konsulat eingerichteten Amtes, das öffentlich standesamtliche Funktionen wahrnimmt, kann für das vorliegende Verfahren dahingestellt bleiben. Am Ort der vermeintlichen Eheschließung, nämlich in Mörfelden-Walldorf, existierte damals ebenso wenig wie heute eine offizielle Institution des afghanischen Staates.

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Artikel 13 Abs. 3 EGBGB stellt klar, dass eine Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden kann. Eine Ausnahme besteht, wenn keiner der Verlobten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und die Eheschließung vor einer von der Regierung des Staates, dem einer der Verlobten angehört, ordnungsgemäß ermächtigten Person geschlossen worden ist.

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Eine derartige Ermächtigung, die zudem der deutschen Regierung förmlich angezeigt worden sein muss, hat die Antragstellerin nicht nachgewiesen. Nach ihren Angaben hat sie sich bei der Afghanischen Botschaft erkundigt und zur Auskunft erhalten, dass eine Bestätigung über die Berechtigung des vor 23 Jahren beschäftigten Vollziehers der Trauung nicht mehr nachvollzogen werden kann. Die von den Botschaftsmitarbeitern vertretene Auffassung, dass die Bestätigung der Heiratsurkunde gleichzeitig die Bestätigung der Bevollmächtigung der trauenden Person beinhalte, ist unverkennbar rechtsirrig. Die von der Antragstellerin vorgelegte Echtheitsbescheinigung belegt ausschließlich, dass die Heiratsurkunde von dem darin genannten "Informationsbüro der afghanischen Mojahedin" ausgestellt wurde, und weiter nichts.

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Eine Heilung des Vormangels nach § 1310 Abs. 3 Ziffern 1. - 3. hat die Antragstellerin selbst nicht behauptet, geschweige denn belegt.

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Allein das etwa 22 Jahre lang dauernde Zusammenleben der Antragstellerin mit ihrem Schein-Ehemann und der Umstand, dass sie sich für verheiratet hielten und die Rechtsgültigkeit der Eheschließung nicht angezweifelt wurde, reicht nicht aus, um den Mangel der Eheschließung auszugleichen […].

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Dementsprechend war dem Hilfsantrag gemäß das Nichtbestehen der Ehe nach deutschem Recht gemäß § 632 ZPO festzustellen.

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