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Rechtsurteile

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Eigenmächtige Gebetspausen bei der Arbeit

Dem Arbeitnehmer ist zwar aufgrund seiner Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ein kurzzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes zur Verrichtung seines Gebetes zu gestatten, er hat aber seinerseits die Pflicht auf die Belange des Betriebes zu achten und diese Pausen mit dem Arbeitgeber abzusprechen. (Leitsatz der Redaktion)


Leitsätze:

Der gläubige Arbeitnehmer ist unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange wegen seiner Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG grundsätzlich berechtigt, seinen Arbeitsplatz zur Abhaltung kurzzeitiger Gebete zu verlassen. Insoweit kann ein Leistungshindernis nach § 616 BGB bestehen.

Wegen der aus Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Be-lange des Arbeitgebers darf der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz nicht ohne Rücksprache mit seinem Vorgesetzten verlassen. Die Pflichtgebete des Islam sind nur innerhalb eines Zeitrahmens je nach Sonnenstand abzuhalten. Der Arbeitnehmer ist nicht berechtigt, den genauen Zeitpunkt seiner Arbeitsunterbrechung innerhalb des Zeitrahmens ohne Rückspra-che mit seinem Vorgesetzten selbst zu bestimmen.

 

Urteil:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 07.09.2001 - 4 Ca 915/01 - wird zurückgewiesen. [...]

 

Zum Sachverhalt:

 

[...] Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und Muslime. Er ist seit dem 04.10.1994, mit einer Unterbrechung vom 03.04. bis 04.07.1996 als gewerblicher Arbeitnehmer mit einem Bruttomonatslohn in Höhe von 1.622,53 EUR beschäftigt. Die Beklagte beschäftigte zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Abmahnung insgesamt 48 Muslime. Sie ist auf dem Gebiet der Oberflächenveredelung tätig. Dabei werden Stückbeschichtungen von Bauteilen vorgenommen.

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Am 11.01.2001 verließ der Kläger gegen ca. 15.00 Uhr seinen Arbeitsplatz, begab sich ins Verpackungslager, um dort sein Gebet zu verrichten. Dabei handelte es sich um das Nachmittagsgebet (Asr-Gebet). Er begab sich dabei an eine Stelle, die mit Fließrollen umgeben war. Um die Lücke, durch die er diesen Bereich betrat, zu schließen, zog er eine Fließrolle zurück.

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Die Beklagte erteilte dem Kläger am 15. Januar 2001 insgesamt drei Abmahnungen. Eine Abmahnung erfolgte wegen der Einlegung von Pausen zu nicht abgesprochenen festgelegten Zeiten. Eine weitere Abmahnung erfolgte wegen der Weigerung des Klägers, die leeren Haken abzunehmen und in die Behälter zu legen, eine weitere in der Berufungsinstanz noch streitige Abmahnung erfolgte wegen unentschuldigtem Fernbleiben vom Arbeitsplatz. [...]

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Mit der am 23. April 2001 beim Arbeitsgericht Münster eingegangenen Klage hat der Kläger die Rücknahme und Entfernung der drei erteilten Abmahnungen aus der Personalakte geltend gemacht.

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Er hat die Auffassung vertreten, sein Verhalten, während der Arbeitszeit seine Gebete zu verrichten und dabei seine Arbeitspflicht nicht zu erfüllen, sei gerechtfertigt. Dies ergebe sich aus der grundgesetzlich garantierten Freiheit des Glaubens und der Religionsausübung. Er habe den Arbeitsplatz nur für fünf Minuten verlassen, Waschungen habe er nicht vorgenommen. Er bete bereits sei etwa sechs Jahren während der Arbeitszeit. Zuvor habe er den ehemaligen Betriebsleiter D3xxxxxx und auch den Zeugen A4xx mehrmals um Erlaubnis für die Teilnahme an den Freitagsgebeten gebeten. Er sei aufgrund seines Glaubens verpflichtet fünfmal täglich seine Gebete zu verrichten. Der Kläger überreichte hierzu eine Stellungnahme des Zentralinstituts Islam-Archiv Deutschland vom 17. März 2001. [...] [im Orginalen nachlesbar]

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Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, die dem Kläger mit Schreiben vom 15.01.2001 erteilte Abmahnung bezüglich der Pausenregelung zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen,

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2. die Beklagte zu verurteilen, die dem Kläger mit Schreiben vom 15.01.2001 erteilte Abmahnung bezüglich der säumigen Arbeitsleistung zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen,

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3. die Beklagte zu verurteilen, die dem Kläger mit Schreiben vom 15.01.2001 erteilte Abmahnung bezüglich des Betens zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.

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Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Gebetspausen seien ihr nicht zuzumuten. Der Kläger habe im Verpackungslager einen Gebetsraum hergerichtet und seine Gebete verrichtet. Dies habe zu einer Abwesenheit vom Arbeitsplatz von 15 bis 20 Minuten geführt. Die Pausen des Klägers führten zu erheblichen betrieblichen Belastungen. Im Abnahmebereich müsse im Team gearbeitet werden. Falle jemand aus, müsse eine Ersatzmann aus der Vorbereitung einspringen. Da dort auch paarig gearbeitet werde, habe dies zur Folge, dass der nicht abgezogene Vorbereiter herumstehe, weil er allein die Arbeiten nicht ausführen könne.

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Mit Urteil vom 07.09.2001 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Im Hinblick auf die Abmahnung wegen unerlaubtem Entfernen vom Arbeitsplatz hat es ausgeführt, es sei bereits fraglich, inwieweit die Religionsfreiheit dazu führen könne, dass Gebete während der Arbeitszeit hingenommen werden müssten. Zumindest habe aber der Kläger die Beklagte vor Aufnahme der Gebeten nicht davon in Kenntnis gesetzt, dass er beabsichtigte, derartige Gebete auszuführen. Dies habe auch zu betrieblichen Störungen geführt, da der Kläger nicht im Ansatz habe erklären können, wie eine Vertretung hätte erfolgen sollen.

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[...] Im Rahmen der Berufung verfolgt der Kläger nur noch die Rücknahme und Entfernung der Abmahnung wegen Betens aus der Personalakte.

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Er ist nach wie vor der Auffassung, er habe sich berechtigt vom Arbeitsplatz entfernt. Im Hinblick Art. 4 GG überreicht er hierzu eine weitere Auskunft des Islam-Rates. [...] [im Orginalen nachlesbar]

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Der Kläger trägt weiter vor, sein Verlassen des Arbeitsplatzes führe auch nicht zu Störungen des Arbeitsablaufs. Es seien an seinem Arbeitsplatz vier Personen beschäftigt. Bei Ausfall eines Arbeitnehmers könne weitergearbeitet werden. Er habe auch keinen Gebetsraum gebaut. Schon deswegen sei die Abmahnung unrichtig.

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Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 07.09.2001, 4 Ca 915/01, teilweise abzuändern und

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die Beklagte zu verurteilen, die dem Kläger mit Schreiben vom 15.01.2001 erteilte Abmahnung bezüglich des Betens zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.

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Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen. [...]

Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger aus religiösen Gründen verpflichtet sei, während der Arbeitszeit zu beten. Der Kläger habe sich auch nicht nur für fünf Minuten vom Arbeitsplatz entfernt. Er habe ca. 150 Meter gehen müssen, um seinen Gebetsplatz zu erreichen. Es könnten im Zuge des Arbeitsrhythmus auch keine Pausenzeiten herausgeholt werden. Das Band, durch das die Profile transportiert würden, laufe mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1,4 Meter pro Minute. Im Durchschnitt betrage die Bandgeschwindigkeit 1,10 Meter pro Minute. Dies erfordere kontinuierliches Arbeiten. [...]

 

Gründe:

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Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.


I.

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Die Berufung ist zulässig. [...]

II.

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Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Die streitgegenständliche Abmahnung ist nicht rechtswidrig.

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1. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Rücknahme und Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 242, 1004 BGB.

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Nach ständiger Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Arbeitnehmer berechtigt, die Rücknahme einer missbilligenden Äußerung des Arbeitgebers zu verlangen, wenn diese Äußerung unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält oder ihrer Form und ihrem Inhalt nach geeignet ist, ihn in seiner Rechtsstellung und seinem beruflichen Fortkommen zu beeinträchtigen [...]. Ist der erhobene Vorwurf objektiv nicht gerechtfertigt, kann der Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung der zu unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte verlangen. [...]

75

Soweit dem Arbeitnehmer eine Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten vorgeworfen wird, kommt es nicht darauf an, ob dieser Pflichtenverstoß ihm subjektiv vorwerfbar ist. Es reicht aus, wenn der Arbeitgeber einen objektiven Verstoß des Arbeitnehmers gegen dessen arbeitsvertragliche Pflichten rügt. Eine solche Rüge ist nicht nur dann ungerechtfertigt, wenn sie unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, sondern auch dann, wenn sie auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht [...].

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Ausgehend von vorstehenden Grundsätzen ist die noch in der Berufungsinstanz streitgegenständliche Abmahnung nicht zu beanstanden.

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a) Der Kläger war nicht berechtigt, ohne weitere Absprachen mit einem Vorgesetzten den Arbeitsplatz zur Ausübung seines Nachmittagsgebetes zu verlassen. Die Abmahnung ist daher sachlich und rechtlich gerechtfertigt, als sie dem Kläger ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz vorwirft.

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aa) Aus § 616 BGB und aus § 242 BGB kann sich im bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung des Arbeitnehmers zur Ausübung seiner Religion ergeben. Insoweit kann dies Vorrang vor dem grundsätzlichen Direktionsrechts des Arbeitgebers haben. [...] Der zwischen den Parteien unter dem 07.10.1994 geschlossene Arbeitsvertrag regelt gerade im Hinblick auf die Religionsausübung des Klägers keine Beschränkung des Direktionsrechts der Beklagten. Lediglich die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ist vereinbart. Tarifliche Regelungen oder eine Betriebsvereinbarung über Arbeitspausen bestehen nicht.

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Die Unterbrechung der Arbeit zur Religionsausübung ist ein subjektives Leistungshindernis im Sinne von § 616 BGB. Hierzu gehören auch die vorrangigen religiösen Verpflichtungen, da sie gemäß Artikel 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG unter Verfassungsschutz stehen [...]. Eine tägliche nur mehrminütige Arbeitspause führt auch im Sinne von § 616 Abs. 1 Satz 1 BGB zu einer Arbeitsverhinderung nur für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit.

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Darüber hinaus ergibt sich das Recht zur Arbeitspause zum Zwecke der Religionsausübung aus § 242 BGB in Verbindung mit dem bestehenden Arbeitsverhältnis. Die Arbeitsvertragsparteien begründen mit Abschluss des Arbeitsvertrages auch die Pflicht, zu gegenseitiger Rücksichtsnahme. Durch verfassungskonforme Auslegung der Generalklausel des § 242 BGB können auch Grundrechte des Arbeitnehmers eine Pflicht des Arbeitgebers zur Rücksichtnahme begründen. [...]

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Die vom Kläger wahrgenommene Gebetspause unterliegt dem Schutzbereich des Art. 4 Abs. 2 GG. [...] Jedenfalls gehört zum Recht auf ungestörte Religionsausübung nach Art. 4 Abs. 2 GG auch das Beten [...]. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Religion das Beten während bestimmter Zeiten zwingend vorschreibt. [...] Nach der Auffassung des Islamrates handelt es sich bei dem Nachmittagsgebet um ein Pflichtgebet. Grundsätzlich dürfen diese Gebete nicht vorgezogen oder später verrichtet werden. Nur in Ausnahmefällen ist es danach dem Gläubigen erlaubt, aufgrund einer Abwägung zwischen seinen religiösen Pflichten und objektiven Hinderungsgründen von dieser Gebetspflicht abzuweichen. Es ist daher als religiöse Gewissensentscheidung nachvollziehbar, wenn der Kläger die aus religiösen Gründen während der Arbeitszeit notwendigen Gebete auch zu diesen Zeiten erfüllen will. Die Entscheidung zur Abhaltung des Nachmittagsgebetes findet daher seine ausreichende Grundlage in den Regeln des Islams. Das Gericht hat sich einer Bewertung dieser religiösen Gewissensentscheidung des Gläubigen zu enthalten.

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bb) Der Kläger hat allerdings nicht substantiiert vorgetragen, dass das religiöse Leistungshindernis am 11.01.2001 gerade während der Arbeitszeit bestanden hat. [...]

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cc) Selbst wenn während der Arbeitszeit des Klägers von einem Leistungshindernis zur Religionsausübung auszugehen wäre, war der Kläger jedoch nicht berechtigt, ohne Absprache mit seinem Vorgesetzten den Arbeitsplatz zu verlassen. Es liegt daher auch bereits deswegen ein unerlaubtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz vor.

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Das Recht des Klägers auf ungestörte Religionsausübung gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berechtigt ihn nicht, im Rahmen des § 616 BGB ohne Berücksichtigung der Belange des Arbeitgebers seinen Arbeitsplatz zu verlassen. Dabei ist der Arbeitnehmer allerdings nicht verpflichtet, beim Vorgesetzten eine Arbeitsbefreiung zu beantragen, die dann gewährt werden muss. § 616 BGB führt ohne weitere gestaltende Erklärung des Arbeitgebers bei bestehen des Leistungshindernisses zu einer Suspendierung der Arbeitspflicht für den Hinderungszeitraum [...]. Im Rahmen des § 616 BGB besteht nur eine Anzeigepflicht, der der Kläger zwar auch nicht nachgekommen ist, die in der Abmahnung aber nicht gerügt wurde.

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Der sich aus der Drittwirkung des Grundrechts aus Art. 4 GG über § 616 BGB ergebende Anspruch auf Befreiung von der Arbeitspflicht unterliegt jedoch denselben Beschränkungen wie die entsprechende Grundrechtsnorm. Insbesondere sind hier die grundgesetzlich gewährleisteten Schutzrechte der Beklagten aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. [...] Hieraus ergibt sich eine Grundrechtskollision, da auch die Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ihre Grenzen an anderen grundrechtlich geschützten Interessen finden [...]. Bei einer solchen Grundrechtskollision von gleichermaßen verfassungsrechtlich geschützten Interessen muss eine Ausgleich der gegenläufigen Interessen mit dem Ziel ihrer Optimierung gefunden werden. Der Vertragstreue des Arbeitnehmer kommt insoweit eine besondere Bedeutung zu [...]. Der Arbeitnehmer hat sich nämlich grundsätzlich mit Vertragsschluss dem Direktionsrecht des Arbeitsgebers unterworfen. Damit ist er nicht berechtigt, ohne jede Rücksprache mit seinem Vorgesetzen seinen Arbeitsplatz zu jeden Zeitpunkt innerhalb des vom Islam vorgegebenen Zeitrahmens für das Nachmittagsgebet zu verlassen. [...] Der Arbeitnehmer ist daher verpflichtet, auch unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Rechte des Arbeitgebers, diesem die Möglichkeit zu geben, innerhalb seines Direktionsrechtes selbst abzuwägen, zu welchem Zeitpunkt das Nachmittagsgebet stattfinden kann. Der Arbeitnehmer ist insbesondere nicht berechtigt, selbst anhand der betrieblichen Gegebenheiten zu entscheiden, zu welchem Zeitpunkt er seinen Arbeitsplatz verlassen will. Er greift damit unzulässigerweise in die dem Arbeitgeber obliegende Organisationsgewalt ein. Der Arbeitgeber muss die Möglichkeit haben, anhand der von ihm einzuschätzenden betrieblichen Erfordernisse den Zeitpunkt des Gebetes innerhalb des religiös vorgegebenen Rahmens selbst zu bestimmen. [...]

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b) Die streitgegenständliche Abmahnung ist auch nicht deswegen objektiv unrichtig, weil dokumentiert wurde, der Kläger habe sich in der äußersten Ecke im Verpackungslager einen Gebetsraum gebaut. Hierbei handelt es sich nicht um den mit der Abmahnung gerügten Sachverhalt. Dies ergibt sich bereits aus der Überschrift des Abmahnungsschreibens, wo auf das unentschuldigte Fernbleiben vom Arbeitsplatz hingewiesen wird. Bei dem Bauen des Gebetsraums handelt es sich daher nur um eine ausführliche Sachverhaltsschilderung, ohne dass dieser konkrete Tatbestand auch gerügt werden sollte. [...]

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c) Ein Recht des Klägers auf einseitiges Verlassen des Arbeitsplatzes ergibt sich auch nicht aus konkludenter Vertragsänderung oder Vertrauensschutzgesichtspunkten. Soweit er hierzu vorträgt, er habe sechs Jahre lang in Kenntnis von Betriebs- und Schichtleitern gebetet ist der Vortrag unsubstantiiert. Hieraus ergibt sich nicht, dass er genau außerhalb der ordnungsgemäßen Pausenzeiten und innerhalb der durch den Islam vorgegebenen Zeiten des Nachmittagsgebets arbeitsfreie Pausen in Anspruch genommen hat. [...]

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