© David Z Cheng/Shutterstock.com

Rechtsurteile

© ff-photo/Shutterstock.com

Keine Außervollzugsetzung der Einführung islamischen Unterrichts in Bayern

Da eine in Bayern ansässige islamische Organisation fehlt, die vollständig die Merkmale einer Religionsgemeinschaft erfüllt, kann ein konfessionsgebundener islamischer Religionsunterricht im verfassungsrechtlichen Sinne hier nicht stattfinden. Aus diesem Grund ist ein vom bayerischen Staat eingeführter Islamunterricht im Sinne eines Ethikunterrichts als allgemeine Religionskunde über die islamische Religion im Grundsatz nicht zu beanstanden. (Leitsatz der Redaktion)


Leitsatz:

Keine Außervollzugsetzung der Einführung des Islamischen Unterrichts (Art. 47 Abs. 1 und 3 BayEUG sowie § 27 BaySchO) durch das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vom 23. Juli 2021 und § 1 Nr. 2 der Verordnung zur Änderung der Bayerischen Schulordnung und weiterer Verordnungen vom 8. Juli 2021.

 

Beschluss:

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden abgewiesen.

 

Gründe:

I.

 

Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren betreffen die Frage, ob Art. 47 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) […] sowie § 27 der Schulordnung für schulartübergreifende Regelungen an Schulen in Bayern (Bayerische Schulordnung - BaySchO) […] gegen die Bayerische Verfassung verstoßen und daher gemäß Art. 26 VfGHG durch einstweilige Anordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen sind.

1

1. Art. 47 Abs. 1 BayEUG n. F. eröffnet Schülerinnen und Schülern, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, anstelle der bisherigen Pflicht zur Teilnahme am Ethikunterricht nach Art. 47 Abs. 1 BayEUG a. F. ab dem Schuljahr 2021/2022 die Wahlmöglichkeit, entweder den Ethikunterricht oder den Islamischen Unterricht zu besuchen. Dieser vermittelt eine grundlegende Werteorientierung sowie Wissen über die Weltreligion Islam in interkultureller Sicht (Art. 47 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 BayEUG n. F.). Ergänzend regelt § 27 BaySchO n. F., dass vom Religionsunterricht abgemeldete Schülerinnen und Schüler am Ethikunterricht teilnehmen, es sei denn, sie sind zum Islamischen Unterricht angemeldet (Abs. 3 Satz 4); dieser kann nur eingerichtet werden, wo auch Ethikunterricht eingerichtet ist (Abs. 8 Satz 3), wobei die Mindestteilnehmerzahl für den Islamischen Unterricht durch das Staatsministerium für Unterricht und Kultus festgelegt wird (Abs. 8 Satz 2).

2

Art. 47 BayEUG a. F. lautete:

Art. 47 Ethikunterricht

(1)   Ethikunterricht ist für diejenigen Schülerinnen und Schüler Pflichtfach, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen.

(2)   Der Ethikunterricht dient der Erziehung der Schülerinnen und Schüler zu werteinsichtigem Urteilen und Handeln. Sein Inhalt orientiert sich an den sittlichen Grundsätzen, wie sie in der Verfassung und im Grundgesetz niedergelegt sind. Im Übrigen berücksichtigt er die Pluralität der Bekenntnisse und Weltanschauungen.

3

Das Änderungsgesetz hat folgenden Wortlaut:

Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen

§1

Art. 47 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen […] wird wie folgt gefasst:

 

„Art. 47 Ethikunterricht, islamischer Unterricht

(1)   Schülerinnen und Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, sind verpflichtet, am Ethikunterricht oder am Islamischen Unterricht teilzunehmen.

(2)   Der Ethikunterricht dient der Erziehung der Schülerinnen und Schüler zu werteinsichtigem Urteilen und Handeln. Sein Inhalt orientiert sich an den sittlichen Grundsätzen, wie sie in der Verfassung und im Grundgesetz niedergelegt sind. Im Übrigen berücksichtigt er die Pluralität der Bekenntnisse und Weltanschauungen. […]

4

§ 27 BaySchO n. F. hat auszugsweise folgenden Wortlaut […]:

§27 Religiöse Erziehung, Religions- und Ethikunterricht, Islamischer Unterricht

(2)   … Für den Religionsunterricht ist eine Mindestteilnehmerzahl von fünf Schülerinnen und Schülern erforderlich.

(3)   … Vom Religionsunterricht abgemeldete Schülerinnen und Schüler nehmen am Ethikunterricht teil, es sei denn, sie sind zum Islamischen Unterricht angemeldet.

(7)   Für den Ethikunterricht gilt Abs. 2 Satz 2, … entsprechend.

(8)   Für die Anmeldung zum Fach Islamischer Unterricht gelten die Abs. 3 und 5 entsprechend. Die Mindestteilnehmerzahlen hierfür legt das Staatsministerium fest. Islamischer Unterricht kann nur eingerichtet werden, wo auch Ethikunterricht eingerichtet ist.

(9)   Die Abs. 2 bis 5, 7 und 8 gelten an Berufsfachschulen für Kinderpflege für das Fach Religionslehre und Religionspädagogik und, soweit es sich um öffentliche Schulen handelt, darüber hinaus für die Fächer Ethik und ethische Erziehung sowie Islamischer Unterricht und Religionspädagogik entsprechend.

5

2. Seit 1987 war im Rahmen des Muttersprachlichen Ergänzungsunterrichts für muslimische türkische Schülerinnen und Schüler ein konfessionell ausgerichteter Unterricht über den Islam angeboten worden („Religiöse Unterweisung türkischer Schüler muslimischen Glaubens in türkischer Sprache – ISUT“), der seit 2001 auch auf Deutsch abgehalten wurde („Islamische Unterweisung in deutscher Sprache – ISUD“). Daneben gab es seit 2003 den – ebenfalls konfessionell konzipierten – „Islamunterricht nach dem Erlanger Modell“. Von 2009 bis 2019 wurde im Rahmen eines Modellversuchs ein neu konzipierter „Islamischer Unterricht“ erprobt […], der an die Stelle der anderen Angebote trat. Nach einer Übergangszeit von zwei Schuljahren, um die der Modellversuch anschließend verlängert wurde, wird er ab dem Schuljahr 2021/2022 nunmehr in veränderter Form in ein reguläres Unterrichtsfach (Wahlpflichtfach) übergeleitet […].

6

3. Das Änderungsgesetz beruht auf einem Entwurf der Staatsregierung vom 13. April 2021. […]

7

In der auf Antrag der AfD-Fraktion durchgeführten dritten Lesung am 6. Juli 2021 wurde der Gesetzentwurf mit den Stimmen von Abgeordneten der Fraktionen der CSU, der FREIEN WÄHLER, der SPD und der FDP gegen die Stimmen von Abgeordneten der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der AfD angenommen. […]

 

II.

10

Die Antragsteller beantragen den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß Art. 26 VfGHG mit dem Ziel, das Änderungsgesetz und § 1 Nr. 2 der Änderungsverordnung bis zu einer Entscheidung in den künftigen Hauptsacheverfahren […] vorläufig außer Vollzug zu setzen.

12

1. Entgegen der äußerst restriktiven Praxis des Verfassungsgerichtshofs sei vorliegend eine intensivere verfassungsrechtliche Prüfung im Eilverfahren geboten. Dieser begründe den strengen Maßstab bei Erlass einer einstweiligen Anordnung im Verfahren der Popularklage – für ein Verfahren der Meinungsverschiedenheit könne insoweit nichts anderes gelten –, mit der ein Parlamentsgesetz vorläufig außer Vollzug gesetzt werden solle, damit, dass eine vorläufige Regelung weitreichende Folgen habe und die dafür sprechenden Gründe daher so gewichtig sein müssten, dass ihr Erlass im Interesse der Allgemeinheit zur Abwehr schwerer Nachteile unabweisbar sei. Somit könne nur bei offensichtlichen Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren eine einstweilige Anordnung ergehen. Diese Judikatur sei aber weder vom Wortlaut des Art. 26 VfGHG gedeckt, noch stehe sie mit der Praxis des Bundesverfassungsgerichts und anderer Landesverfassungsgerichte im Einklang, die im Fall der Vorwegnahme der Hauptsache bereits erhebliche Gründe bzw. eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache ausreichen ließen. Da vorliegend u. a. Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 118 Abs. 1 BV), das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 BV) und die Wesentlichkeitslehre als Ausdruck der Ewigkeitsklausel (Art. 75 Abs. 1 Satz 2 BV) sowie gegen die Religionsfreiheit (Art. 107 BV) und den Neutralitätsgrundsatz (Art. 142 Abs. 1 BV) als Teil der verfassungsmäßigen Grundordnung als auch das bereits formell verfassungswidrige Zustandekommen des Gesetzes gerügt würden, sei hier eine intensivere Prüfung der Erfolgsaussichten der (künftigen) Hauptsache geboten, um nicht vollendete Tatsachen eintreten zu lassen, die möglicherweise auf einer rechtswidrigen Grundlage beruhten.

13

2. Die künftigen Hauptsacheverfahren, die zeitnah nach einer Entscheidung im Eilverfahren eingereicht würden, seien offensichtlich zulässig.

14

a) Eine Meinungsverschiedenheit nach Art. 75 Abs. 3 BV sei zulässig. Die AfD-Fraktion sei nach Art. 49 Abs. 1 VfGHG antragsberechtigt. Der Antrag richte sich gegen die Staatsregierung, die das Änderungsgesetz eingebracht habe, sowie gegen den Landtag und die Fraktionen der CSU, der FREIEN WÄHLER, der SPD und der FDP, die ihm mehrheitlich zugestimmt hätten. Die Meinungsverschiedenheit sei bereits im Gesetzgebungsverfahren erkennbar geworden. Am 6. Juli 2021 habe der Abgeordnete B. zumindest sinngemäß ausgeführt, dass er das Gesetz aus einer Vielzahl von Gründen für verfassungswidrig halte. Es sei nicht erforderlich, alle Rügen im Detail bereits im Gesetzgebungsverfahren geltend zu machen. Das lasse schon die knappe Redezeit der Abgeordneten nicht zu. Eine vollständige Identität zwischen den Rügen und der Meinungsverschiedenheit könne nicht verlangt werden, zumal nach der dritten Lesung eine verfassungsrechtliche Korrektur in den Ausschüssen ausgeschlossen sei. […]

15

b) Eine Popularklage nach Art. 98 Satz 4 BV sei zulässig. Da das Änderungsgesetz bereits nicht formell verfassungsgemäß zustande gekommen sei und damit nicht zur verfassungsmäßigen Ordnung gehöre, sei jedenfalls eine Verletzung des Grundrechts der Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) möglich; gleiches gelte im Hinblick auf andere Freiheitsrechte wie die Religionsfreiheit (Art. 107 BV), den Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates (Art. 107 i. V. m. Art. 118 Abs. 1, Art. 142 Abs. 1 BV), den Gleichheitsgrundsatz (Art. 118 Abs. 1 BV), das Recht der Religionsgemeinschaften und Schüler auf Religionsunterricht (Art. 136 Abs. 2 BV) und der Schüler auf Ethikunterricht (Art. 137 Abs. 2 BV). In keiner der drei Lesungen des Gesetzentwurfs sei die gemäß Art. 23 Abs. 2 BV erforderliche Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl der Abgeordneten anwesend gewesen. […] Zudem führe das Änderungsgesetz zu einer nach Art. 118 Abs. 1 BV nicht gerechtfertigten Privilegierung muslimischer Schüler und Eltern im Vergleich zu atheistischen, konfessionslosen oder andersgläubigen Schülern und Eltern, weil nur für den Islam ein eigenes Unterrichtsfach eingeführt werde.

16

3. Die künftigen Hauptsacheverfahren seien auch offensichtlich begründet. Das Änderungsgesetz sei formell verfassungswidrig (Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2, Art. 71 i. V. m. Art. 76 Abs. 2 und Art. 83 Abs. 3 und 6 BV) und verletze Grundrechte und andere Verfassungsnormen (Art. 3 Abs. 1, Art. 107 Abs. 1, Art. 118 Abs. 1, Art. 126 Abs. 1, Art. 127, 135 Satz 2, Art. 136 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 bis 5, Art. 137 Abs. 1 und 2, Art. 142 Abs. 1 BV), die Ausdruck der Ewigkeitsklausel (Art. 75 Abs. 1 Satz 2 BV) seien. Selbst wenn man nicht von einer offensichtlichen Verfassungswidrigkeit ausgehen wollte, folge jedenfalls aus der hier gebotenen summarischen Prüfung, dass überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestünden, sodass der Erlass einer einstweiligen Anordnung gerechtfertigt sei.

17

a) Das Änderungsgesetz sei formell verfassungswidrig zustande gekommen.

18

aa) Es sei augenscheinlich und werde als gerichtsbekannt vorausgesetzt, dass bei keiner der drei Lesungen des Gesetzentwurfs die nach Art. 23 Abs. 2 BV erforderliche Mehrheit von mindestens 103 von 205 der gesetzlichen Mitgliederzahl der Abgeordneten anwesend gewesen sei. Bei der Schlussabstimmung am 6. Juli 2021 hätten nur 97 Abgeordnete abgestimmt, sodass nur deren Anwesenheit belegt sei. […]

19

bb) Das Änderungsgesetz sei auch deshalb formell verfassungswidrig, weil das gemäß Art. 76 Abs. 2 BV zwingend erforderliche Datum des Inkrafttretens unter Verletzung von Art. 71 BV durch den Ausschuss für Bildung und Kultus, dem kein Gesetzesinitiativrecht zukomme, in den Landtag eingebracht worden sei. Dies stelle eine wesentliche Änderung des Gesetzentwurfs dar, mit der der Ausschuss seine Kompetenzen überschritten habe. Mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Kriterien des Parlamentsvorbehalts sei es nicht zulässig, dass ein nicht öffentlich tagender Ausschuss das Datum des Inkrafttretens eines Gesetzes vorschlage und damit die Entscheidung gemäß Art. 76 Abs. 2 BV, die zentrale Fragen der Staatsorganisation, des Gesetzesvollzugs sowie die Grundrechte einzelner Personen betreffe, allein treffe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürften Ausschüsse keine Funktion innehaben, die nur einem nach Art. 76 Abs. 1 GG zur Gesetzesinitiative Berechtigten zustehe […]. Die damit zusammenhängenden Bestimmungen stünden auch nicht zur Disposition der Beteiligten. Der Fehler sei auch evident […] und führe daher zur Nichtigkeit des Änderungsgesetzes.

20

cc) Das Änderungsgesetz verstoße zudem gegen das Konnexitätsprinzip (Art. 83 Abs. 3 und 7 BV), weil es Gemeinden und Landkreisen als Schul(aufwands)trägern neue Aufgaben übertrage, die mit finanziellen Auswirkungen für diese verbunden seien, ohne hierfür zugleich einen Ausgleich vorzusehen. Mit der Einführung des Islamunterrichts werde ein neues ordentliches Lehrfach geschaffen, für das neue Unterrichtsräume und neue Lehrmittel wie Lehrbücher erforderlich seien, was mit Kosten für die Kommunen verbunden sei. Der finanzielle Ausgleich hierfür müsse bereits im Gesetz selbst enthalten sein, was vorliegend nicht der Fall sei, sodass das Änderungsgesetz nichtig sei. […]

21

b) Das Änderungsgesetz sei darüber hinaus auch materiell verfassungswidrig.

22

aa) Die Einführung von Islamunterricht verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 118 Abs. 1 BV), da das Änderungsgesetz zwischen dem Islam und anderen Religionen und Weltanschauungen differenziere, ohne dass es eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung hierfür gebe. Nur für Muslime werde ein besonderer Ethikunterricht geschaffen, nicht jedoch auch für Zeugen Jehovas, Buddhisten, Atheisten usw. oder für nach Art. 127 BV anerkannte Weltanschauungsgemeinschaften, obwohl der Islam keine Religionsgemeinschaft im Sinn des Art. 136 Abs. 2 Satz 2 BV sei. Dadurch privilegiere das Änderungsgesetz den Islam und diskriminiere andere Religionen und Weltanschauungen, obwohl diese gemäß Art. 4 GG, Art. 107, 127, 142 und 146 BV gleich zu behandeln seien. Der zur Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung angeführte Integrationsbedarf von Muslimen sei verfassungsrechtlich nicht haltbar. Die Ungleichbehandlung wiege auch schwer, weil sie sich auf das Erziehungsrecht der Eltern (Art. 126 Abs. 1 BV) sowie auf die Religions- und Weltanschauungsfreiheit der Schüler (Art. 107 Abs. 1 BV) auswirke. Die Unterscheidung beruhe zudem auf dem nach Art. 3 Abs. 3 GG, Art. 118 Abs. 1, Art. 127 BV verpönten Kriterium der Religion bzw. Weltanschauung. Wenn der Staat für Muslime eigenen Ethikunterricht einführe, müsse er aus Gleichbehandlungsgründen auch für Schüler anderer Religionen und Weltanschauungen solchen Unterricht anbieten. Die alleinige Einführung von Islamunterricht sei deshalb unverhältnismäßig, zumal sie auch bekenntnisfreie Schulen und private Weltanschauungsschulen betreffe.

23

bb) Durch die Bevorzugung des Islam werde die Religionsfreiheit (Art. 107 Abs. 1 i. V. m. Art. 118 Abs. 1 BV) anderer Schüler und Eltern verletzt. Die Möglichkeit, sich im Unterricht über die eigene Religion zu informieren, stelle eine Förderung dieser Religion dar. Diese Vorteile erhielten aber nur muslimische Schüler, nicht auch die Schüler, die einer anderen Religion oder Weltanschauung anhingen. Dies stelle einen Eingriff in deren Religionsfreiheit dar. Gleiches gelte für die Berufsfreiheit (Art. 101 BV) von Lehrkräften, die z. B. atheistische Ethik unterrichten wollten.

24

cc) Aus den unter bb) genannten Gründen sei auch das Elternrecht aus Art. 126 Abs. 1 i. V. m. Art. 118 Abs. 1 BV verletzt, die Kinder analog zum Islamunterricht in einem Ethikunterricht mit dem Schwerpunkt bei der jeweiligen Religion bzw. Weltanschauung erziehen zu lassen.

25

dd) Aus den unter bb) genannten Gründen sei auch das Recht anderer Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaften aus Art. 127 i. V. m. Art. 118 Abs. 1 BV verletzt, ihren Anhängern analog zum Islamunterricht Wissen über ihre Religion bzw. Weltanschauung durch den Staat vermitteln zu lassen.

26

ee) In der einseitigen Förderung des Islam liege zudem ein Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz (Art. 142 Abs. 1 BV), der eine Differenzierung zugunsten einer bestimmten Religion oder Weltanschauung verbiete. Die Privilegierung des Islam sei auch im Hinblick auf den Anteil von Muslimen an der Bevölkerung in Bayern von ca. 13 % nicht gerechtfertigt, denen mindestens 20 % Atheisten bzw. Konfessionslose gegenüberstünden. Atheistische bzw. konfessionslose Schüler könnten nicht auf den allgemeinen Ethikunterricht verwiesen werden, weil deren Weltanschauung und Philosophie dort nicht in gleichem Maß Schwerpunkt seien wie der Islam im Islamunterricht. Bei diesem handle es sich letztlich nur um die Fortführung des Modellversuchs. Zwar werde in der Gesetzesbegründung betont, dass Islamunterricht nicht als Religionsunterricht im Sinn des Art. 137 Abs. 1 BV, sondern lediglich als Ethikunterricht im Sinn des Art. 137 Abs. 2 BV ausgestaltet werden könne. Wie die Lehrpläne zeigten, gehe es beim Islamunterricht jedoch in erster Linie darum, Schülern Kenntnisse über den Islam als Religion und Lebensweise zu vermitteln. Aus diesem Grund beinhalte der Islamunterricht keine reine Wissensvermittlung über den Islam und allgemeine Werte. Vielmehr handle es sich bei ihm um konfessionellen Unterricht, mit dem der Staat unter Umgehung von Art. 136 BV muslimischen Schülern unter dem Deckmantel eines besonderen Ethikunterrichts islamischen Religionsunterricht anbiete, der sich grundlegend vom allgemeinen Ethikunterricht nach Art. 137 Abs. 2 BV unterscheide. Es sei ihm aber verwehrt, sich derart mit einer Religion zu identifizieren und diese zu privilegieren.

27

ff) Die Einführung von islamischem Religionsunterricht verletze auch Art. 135 Satz 2 i. V. m. Art. 137 Abs. 2 BV, wonach Schüler nach christlichen oder allgemeinen ethischen, nicht jedoch nach islamischen Grundsätzen zu unterrichten seien.

28

gg) Mit der Einführung von islamischem Religionsunterricht würden muslimische Schüler unter Umgehung von Art. 136 BV i. V. m. Art. 118 Abs. 1 BV gegenüber jüdischen, protestantischen oder katholischen Schülern privilegiert, weil sie diesen erhielten, ohne dass für den Islam die Voraussetzungen des Art. 136 Abs. 2 Satz 2 BV nachgewiesen seien.

29

hh) Die Einführung von islamischem Religionsunterricht verstoße gegen Art. 137 Abs. 1 BV, weil die Vorgaben des Art. 136 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 bis 5 BV hierfür nicht eingehalten würden.

30

ii) Da gemäß Art. 137 BV nur Religionsunterricht oder alternativ Ethikunterricht zulässig sei, sei die Einführung von Islamunterricht anstelle von Ethikunterricht nicht durch bloße Änderung von Art. 47 BayEUG, sondern nur durch eine Verfassungsänderung möglich. Werde infolge des Nichterreichens der Mindestteilnehmerzahl für den Ethikunterricht an einer Schule nur Islamunterricht angeboten, sei auch das Grundrecht auf Besuch des Ethikunterrichts nach Art. 137 Abs. 2 BV verletzt.

31

jj) Die Einführung von islamischem Religionsunterricht verstoße auch gegen den Parlamentsvorbehalt, weil der Gesetzgeber die für die Grundrechtsausübung wesentlichen Fragen nicht selbst geregelt, sondern der Exekutive überlassen habe.

32

kk) Das Änderungsgesetz verletze das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 BV), weil die Einführung von Islamunterricht mit dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung sowie dem Gebot der Normenklarheit und dem Transparenzgebot unvereinbar sei. Entgegen der Gesetzesbegründung sei der Unterricht nicht bloße Islamkunde, sondern Religionsunterricht. Durch diesen „Etikettenschwindel“ verletze der Staat zudem die Religionsfreiheit der Muslime (Art. 107 Abs. 1 BV).

33

4. Aber auch wenn man vorliegend nur von offenen Erfolgsaussichten ausgehen wollte, falle die Folgenabwägung eindeutig zu Gunsten der Antragsteller aus. Bei einer Ablehnung des Eilantrags würden massive Nachteile für das Allgemeinwohl, erhebliche finanzielle Schäden und zahlreiche schwere Grundrechtsverletzungen eintreten, die bei einem Erfolg im Hauptsacheverfahren nicht wiederhergestellt werden könnten. Bei einer Einführung des Islamunterrichts müssten neue Lehrer hierfür ausgebildet und alimentiert werden. Die Einführung des Islamunterrichts würde zu erheblichen Aufwendungen der Kommunen als Schul(aufwands)träger führen. Die realistische Beschränkung des Ethikunterrichts hätte zur Folge, dass einzelne Schüler nicht von ihrem Recht auf Teilnahme am Ethikunterricht nach Art. 137 Abs. 2 BV Gebrauch machen könnten; würde der Islamunterricht dagegen zunächst nicht eingeführt, müssten daran interessierte Schüler lediglich wie bisher am Ethikunterricht teilnehmen. Müsste der Islamunterricht nach seiner Einführung wieder beendet werden, hätte dies massive Auswirkungen auf den Schulbetrieb. Im Übrigen könne durch Erlass einer einstweiligen Anordnung verhindert werden, dass der Landtag seine bisherige Corona-Praxis unter Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 BV fortführe und auch künftig Art. 71 i. V. m. Art. 76 Abs. 2 BV missachte. […]

 

III.

34

1. Der Bayerische Landtag […] hat zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Verfahren Vf. 43-VIII-21 hinsichtlich des Änderungsgesetzes Stellung genommen und hält diesen mangels Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund für unbegründet.

38

2. Die Bayerische Staatsregierung (Antragsgegnerin zu 1 in Vf. 43-VIII-21) hält den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Verfahren Vf. 43-VIII-21 hinsichtlich des Änderungsgesetzes schon für unzulässig, jedenfalls aber, ebenso wie den Antrag im Verfahren Vf. 44-VII-21, für unbegründet. Es bestehe weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund, insbesondere sei der Antrag nach Art. 75 Abs. 3 BV bereits unzulässig. […]

 

IV.

39

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben keinen Erfolg.

42

1. Nach Art. 26 Abs. 1 VfGHG kann der Verfassungsgerichtshof eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund dringend geboten ist. […]

43

Wegen der weitreichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung im Popular-klageverfahren in der Regel auslöst, ist an die Voraussetzungen, unter denen sie erlassen werden kann, ein strenger Maßstab anzulegen. […] Die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Vorschrift vorgetragen werden, haben im Regelfall außer Betracht zu bleiben. Nur wenn bereits offensichtlich ist, dass die Popularklage aus prozessualen oder sachlichen Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat, kommt eine einstweilige Anordnung von vornherein nicht in Betracht. Umgekehrt kann der Erlass einer einstweiligen Anordnung dann geboten sein, wenn die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Vorschrift offensichtlich ist. Ist der Ausgang des Popularklageverfahrens dagegen als offen anzusehen, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Popularklage aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Popularklage aber der Erfolg zu versagen wäre. Bei dieser Abwägung müssen die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe so gewichtig sein, dass sie im Interesse der Allgemeinheit eine einstweilige Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile unabweisbar machen […]. Wegen des erheblichen Eingriffs in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers müssen im Fall der begehrten Außervollzugsetzung eines Gesetzes die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe besonderes Gewicht haben. […]

44

Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat der Verfassungsgerichtshof auch in den vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Hauptsache keinen vertieften Prüfungsmaßstab anzulegen. Zu den Wesensmerkmalen des einstweiligen Rechtsschutzes gehört es gerade, dass dieser in eilbedürftigen Fällen eingreifen kann, in denen – etwa wegen des Umfangs oder der Schwierigkeit der rechtlichen Fragestellung – eine abschließende Entscheidung in der Hauptsache nicht kurzfristig möglich ist. Wollte man den Erlass oder die Ablehnung einer einstweiligen Anordnung in derartigen Fällen von einer vollständigen Sach- und Rechtsprüfung abhängig machen, hätte dies nur zur Folge, dass einstweiliger Rechtsschutz nicht zeitnah gewährt werden könnte. […]

46

Auch das Bundesverfassungsgericht legt wegen der weitreichenden Folgen einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG einen strengen Maßstab an deren Erlass. Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, gelten dafür besonders hohe Hürden, da dies einen erheblichen Eingriff in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers darstellt. Müssen die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe schon im Regelfall so schwer wiegen, dass sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung unabdingbar machen, so müssen sie im Fall der Außervollzugsetzung eines Gesetzes darüber hinaus besonderes Gewicht haben. Insoweit ist von entscheidender Bedeutung, ob die Nachteile irreversibel oder nur schwer rückgängig zu machen sind. Die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes vorgetragen werden, haben dabei grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Hauptsache erweist sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Ist der Erfolg des Hauptsacheverfahrens dagegen offen, ist eine Folgenabwägung vorzunehmen. […]

47

2. Nach diesen Maßstäben ist eine einstweilige Anordnung hier nicht zu erlassen.

49

a) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Verfahren Vf. 43-VIII-21 kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil das angekündigte Hauptsacheverfahren einer Meinungsverschiedenheit nach Art. 75 Abs. 3 BV mangels Erkennbarkeit der Meinungsverschiedenheit bereits im Gesetzgebungsverfahren offensichtlich unzulässig wäre.

50

aa) Nach Art. 75 Abs. 3 BV entscheidet der Verfassungsgerichtshof Meinungsverschiedenheiten darüber, ob durch ein Gesetz die Verfassung geändert wird oder ob ein Antrag auf unzulässige Verfassungsänderung vorliegt. Diese Voraussetzungen sind gemäß Art. 49 Abs. 1 VfGHG auch erfüllt, wenn die Meinungsverschiedenheit darüber besteht, ob durch ein Gesetz die Verfassung verletzt wird. Die Meinungsverschiedenheit muss zwischen am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organen oder Teilen derselben entstanden sein; ihnen stehen Fraktionen gleich, die sich mit gegenteiligen Auffassungen gegenüberstehen. Die Meinungsverschiedenheit muss bereits im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens erkennbar geworden sein. […]

51

bb) Vorliegend hat die Antragstellerin, die AfD-Fraktion, die als Teil des Landtags nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 VfGHG antragsberechtigt ist, zwar am Verfahren zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen mitgewirkt und dieses abgelehnt. Als Antragsgegner hat sie auch zutreffend zumindest die beiden Koalitionsfraktionen der CSU und der FREIEN WÄHLER im Landtag […] sowie die Staatsregierung […] benannt […]. Ob daneben auch die weiteren Antragsgegner zu Recht von ihr in Anspruch genommen werden, kann dahinstehen; der Landtag […] ist jedenfalls am Verfahren zu beteiligen […]. Jedoch ist die geltend gemachte Meinungsverschiedenheit zwischen der Antragstellerin und den Antragsgegnern über die Verfassungsmäßigkeit des Änderungsgesetzes nicht schon im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens erkennbar geworden. Hierfür genügt eine ablehnende Abstimmung für sich allein genommen nicht, vielmehr muss die Meinungsverschiedenheit konkretisiert zum Ausdruck gebracht worden sein. […]

52

(2) Ausweislich der Landtagsprotokolle wurden von Abgeordneten der Antragstellerin auch keine konkreten verfassungsrechtlichen Zweifel gegen das Änderungsgesetz erhoben, sondern lediglich unspezifische rechtliche Bedenken geltend gemacht sowie politische Vorbehalte gegen den Islamischen Unterricht vorgetragen. So hat der Abgeordnete B. in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs ausgeführt, dass der Islamunterricht nicht der Integration von Muslimen diene, erforderlich sei vielmehr ein aufgeklärter Weltanschauungsunterricht […]. In der zweiten Lesung hat der Abgeordnete K. erklärt, dass die AfD-Fraktion Islamunterricht ablehne, weil die islamische Religion inhaltlich den Menschenrechten, der Toleranz und dem Pluralismus widerspreche, Muslime könnten – ebenso wie andere Schüler – auch den Ethikunterricht besuchen […]. In der dritten Lesung hat der Abgeordnete H. den Islam als aggressive und frauenfeindliche Religion bezeichnet […], sein Fraktionskollege B. hat behauptet, dass mit dem Änderungsgesetz die Verfassung umgangen werde solle, weil die Voraussetzungen für einen islamischen Religionsunterricht nicht erfüllbar seien, aber nicht – auch nicht sinngemäß – gerügt, dass deshalb ein Verstoß gegen Art. 137 Abs. 2 BV vorliege […].

54

(3) Angesichts dessen fehlt es offensichtlich an der Identität zwischen den im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens erhobenen Rügen und der den Gegenstand des (angekündigten) Verfahrens bildenden Meinungsverschiedenheit. Eine bis zur Schlussabstimmung zulässige […] Rüge der fehlenden Beschlussfähigkeit des Landtags nach Art. 23 Abs. 2 BV erfolgte nicht, obwohl ihr die namentliche Abstimmung über den Gesetzentwurf unmittelbar vorausging und das Ergebnis vor der Schlussabstimmung bekannt gegeben wurde […]. Eine Verletzung des Konnexitätsprinzips, des Initiativrechts, der Religionsfreiheit, des Erziehungsrechts, des Rechts auf Religions- oder Ethikunterricht, der Rechte von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, des Gleichheitsgrundsatzes oder der staatlichen Neutralitätspflicht wurde bis zur Schlussabstimmung ebenfalls nicht (ausdrücklich oder sinngemäß) gerügt, obwohl die o. g. Abgeordneten – trotz gegebenenfalls knapper Redezeit – allgemeine Ausführungen zum Islamischen Unterricht gemacht haben. […]

55

cc) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin besteht auch kein Anlass, diese seit langem anerkannte und aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie verfassungsrechtlicher Systematik heraus entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung generell zu überdenken. […]

57

b) Auch im Verfahren Vf. 44-VII-21 kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht, weil erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit einer Popularklage bestehen (aa), diese hinsichtlich einzelner Rügen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hätte (bb), ihre Erfolgsaussichten im Übrigen allenfalls als offen anzusehen wären (cc) und die vorzunehmende Folgenabwägung ergibt, dass die gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen (dd).

59

aa) An der Zulässigkeit einer künftigen Popularklage bestehen erhebliche Zweifel. […]

60

(2) Darüber hinaus haben die Antragsteller entgegen Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG auch nicht substanziiert dargelegt, dass durch die angegriffenen Regelungen ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung verfassungswidrig eingeschränkt wird.

62

Zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage gehört nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG, dass der Antragsteller darlegt, inwiefern durch die angegriffene Rechtsvorschrift ein in der Bayerischen Verfassung gewährleistetes Grundrecht verfassungswidrig eingeschränkt wird. Die Popularklage ist unzulässig, wenn und soweit eine als verletzt bezeichnete Norm der Verfassung kein Grundrecht gewährt oder wenn zwar ein Grundrecht als verletzt gerügt wird, eine Verletzung nach Sachlage aber von vornherein nicht möglich ist, weil der Schutzbereich des angeblich verletzten Grundrechts durch die angefochtene Rechtsvorschrift nicht berührt wird, bzw. wenn die geltend gemachte Grundrechtsverletzung nach Sachlage schlechthin ausgeschlossen, also begrifflich nicht möglich ist. […]

63

(b) Da die Anmeldung durch die Erziehungsberechtigten bzw. bei Volljährigen durch die Schülerinnen und Schüler selbst Voraussetzung für die Teilnahme am Islamischen Unterricht ist (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 2 BaySchO n. F.), kommt insoweit auch eine Verletzung der Religionsfreiheit (Art. 107 Abs. 1 BV) sowie des elterlichen Erziehungsrechts (Art. 126 Abs. 1 BV) offensichtlich nicht in Frage. Das etwaige Recht von Schülerinnen und Schülern auf Teilnahme am Religions- bzw. Ethikunterricht kann aus den genannten Gründen ebenso wenig beeinträchtigt sein, wobei insoweit schon fraglich ist, ob Art. 136 Abs. 2 BV – gleiches dürfte auch für Art. 137 Abs. 2 BV gelten – ein Grundrecht verbürgt […].

66

(c) Soweit die Antragssteller einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 118 Abs. 1 BV (i. V. m. Art. 101, 107, 126, 127, 136, 137, 142, 146 BV) behaupten, weil die Einführung des Islamischen Unterrichts zu einer verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Privilegierung muslimischer Schülerinnen und Schüler gegenüber konfessionslosen oder andersgläubigen Schülerinnen und Schülern führe, wenn nur für diese, nicht aber für sonstige Schülerinnen und Schüler ein eigener Ethikunterricht geschaffen werde, wird damit ebenfalls keine mögliche Grundrechtsverletzung dargelegt. Der Gleichheitssatz verbietet, in willkürlicher Weise gleiche Sachverhalte ungleich und ungleiche Sachverhalte gleich zu behandeln […]. Es fehlt aber bereits deshalb an der nachvollziehbaren Darlegung einer willkürlichen Ungleichbehandlung, weil nicht erkennbar ist, dass es sich bei den muslimischen bzw. den keiner oder einer anderen Religion oder Weltanschauung angehörenden Schülerinnen und Schülern um vergleichbare Gruppen bezogen auf die Regelungsmaterie handeln würde. Schülergruppen, die sich anderen Konfessionen zugehörig fühlen, in denen Religionsunterricht nach Maßgabe des Art. 136 Abs. 2 BV angeboten wird, sind von vornherein nicht vergleichbar, weil ihnen dieser Religionsunterricht offensteht. Schülergruppen, die anderen religiös-kulturellen Hintergründen zuzuordnen sind, sind nicht vergleichbar, weil sie von ihrer jeweiligen Größe weit hinter der Gruppe aus dem islamischen Kulturraum zurückbleiben. Die Konfessionslosen gehören schon keiner einheitlichen Gruppe an, auch steht ihnen der allgemeine Ethikunterricht offen. Da es insoweit schon an der Vergleichbarkeit der Sachverhalte fehlt, kann hieraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung anderer Schülergruppen hergeleitet werden […]. Zudem richtet sich der neu eingeführte Islamische Unterricht zwar primär an muslimische Schülerinnen und Schüler […], sein Besuch knüpft aber gerade nicht an eine bestimmte Religionszugehörigkeit an, sondern steht allen Schülerinnen und Schülern offen […], sodass auch insoweit keine gegen Art. 118 Abs. 1 i. V. m. Art. 107 BV verstoßende Ungleichbehandlung aufgrund der Religion bzw. Weltanschauung gesehen werden kann. […]

67

(d) Entsprechendes wie für das Änderungsgesetz gilt auch für die Rügen hinsichtlich § 27 BaySchO n. F. Unabhängig davon, ob § 27 BaySchO n. F. auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage beruht, legen die Antragsteller nicht substanziiert dar, dass mit den durch die Einführung des Islamischen Unterrichts erfolgten Änderungen des § 27 BaySchO eine Verletzung der Handlungsfreiheit verbunden wäre. […]

69

bb) Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit hätte eine Popularklage bezüglich der folgenden Rügen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. […]

70

cc) Im Übrigen erweisen sich die angegriffenen Regelungen weder aus formellen noch aus materiellen Gründen als offensichtlich verfassungswidrig, sodass die Erfolgsaussichten einer Popularklage allenfalls als offen anzusehen wären.

73

(1) Eine offensichtliche formelle Verfassungswidrigkeit folgt nicht aus der von den Antragstellern behaupteten fehlenden Beschlussfähigkeit des Landtags. […]

74

(2) Die angegriffenen Regelungen verstoßen auch nicht offensichtlich gegen Grundrechte oder sonstige Verfassungsnormen.

76

Die Einführung des Islamischen Unterrichts gemäß Art. 47 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 BayEUG n. F., bei dem es sich nach dem Gesetzeswortlaut, der systematischen Stellung der Vorschrift im Gesetz sowie dem Sinn und Zweck der Regelung nicht um konfessionellen Religionsunterricht im Sinn des Art. 136 Abs. 2 BV, sondern um einen allgemeinen Werteunterricht in Kombination mit Islamkunde als Alternative zum Ethikunterricht gemäß Art. 47 Abs. 1 und 2 BayEUG n. F. handelt […], dürfte verfassungsrechtlich grundsätzlich als zulässig anzusehen sein […].

77

Der Islamische Unterricht kann jedenfalls derzeit nicht als Religionsunterricht im verfassungsrechtlichen Sinn ausgestaltet werden […]. Religionsunterricht im Sinn von Art. 7 Abs. 3 GG, Art. 136 Abs. 2, Art. 137 Abs. 1 BV ist ein konfessionell gebundener Unterricht, der unter dem Bestimmungsrecht einer Religionsgemeinschaft im Sinn einer Glaubenslehre unterrichtet wird […]. Im Gegensatz zu den Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften, die Partner des Staates für den katholischen, evangelischen oder jüdischen Religionsunterricht sind, erfüllt keine der in Bayern ansässigen islamischen Organisationen vollständig die Merkmale einer Religionsgemeinschaft im rechtlichen Sinn. Außerdem gehört der Großteil der muslimischen Schülerinnen und Schüler in Bayern keiner solchen Organisation an […]. Aus diesem Grund sollen im Islamischen Unterricht die religiösen Grundsätze und Glaubenssätze des Islam als Religionskunde, nicht als Religionslehre vermittelt und durch einen allgemeinen Werteunterricht auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Verfassung ergänzt werden, wie sie für den Ethikunterricht in Art. 47 Abs. 2 BayEUG n. F. niedergelegt sind. Eine solche Regelung ist im Grundsatz nicht zu beanstanden.

78

(a) Die Einführung des Islamischen Unterrichts dürfte nicht gegen Art. 136 Abs. 2, Art. 137 Abs. 1 BV verstoßen, weil es sich beim Islamischen Unterricht – wie ausgeführt – nicht um Religionsunterricht im Sinn dieser Bestimmungen, sondern um ein aliud zu einem solchen handelt […]. Deshalb muss der Islamische Unterricht auch nicht die Vorgaben des Art. 136 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 bis 5 BV erfüllen. Hiergegen können die Antragsteller nicht einwenden, dass es sich angesichts der Lehrpläne für den Modellversuch auch beim Islamischen Unterricht um Religionsunterricht handle, der unter dem Deckmantel eines eigenen Ethikunterrichts für Muslime unter Umgehung von Art. 136 BV eingeführt werde. Eine Berufung auf den Normvollzug durch die Exekutive kann, wie bereits ausgeführt, nicht zur Verfassungswidrigkeit einer Rechtsvorschrift führen, selbst wenn sie die Möglichkeit fehlerhafter oder missbräuchlicher Anwendung bietet […].

79

(b) Die Einführung des Islamischen Unterrichts dürfte auch nicht das staatliche Neutralitätsgebot gemäß Art. 142 Abs. 1 und 3 i. V. m. Art. 107 Abs. 1 und Art. 118 Abs. 1 BV verletzen. Die religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates verlangt keine Indifferenz in religiös-weltanschaulichen Fragen. Der Staat darf sich religiös-weltanschauliche Inhalte nur nicht derart zu eigen machen, dass er sich mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung identifiziert […]. Die neutrale Vermittlung von Kenntnissen über den Islam im Rahmen eines Ethikunterrichts besonderer Prägung bedeutet keine Identifikation mit dem Islam. Ein Verstoß gegen die staatliche Neutralitätspflicht ist darin nicht zu erblicken […]. Die neutrale Information über eine Religion ist vielmehr vom staatlichen Erziehungsauftrag gemäß Art. 130 Abs. 1 BV umfasst, der der Vermittlung der Erziehungsziele des Art. 131 BV dient, der auch die Achtung vor religiöser Überzeugung vorgibt […].

80

(c) Die Einführung des Islamischen Unterrichts dürfte auch nicht im Widerspruch zu Art. 135 Satz 2 BV stehen, wonach Schüler in öffentlichen Schulen nach den Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse unterrichtet und erzogen werden. Hierunter sind nicht etwa die Glaubensinhalte einzelner christlicher Bekenntnisse zu verstehen, sondern die Werte und Normen, die, vom Christentum maßgeblich geprägt, auch weitgehend zum Gemeingut des abendländischen Kulturkreises geworden sind. Ungeachtet seiner Herkunft aus dem religiösen Bereich bezeichnet der Begriff somit eine von Glaubensinhalten losgelöste, aus der Tradition der christlich-abendländischen Kultur hervorgegangene Wertewelt, die nach der Verfassung unabhängig von ihrer religiösen Fundierung Geltung beansprucht […]. Besondere Bedeutung kommt insoweit dem Toleranzgebot gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen zu, wie es für den Schulbereich in Art. 136 Abs. 1 BV eine spezielle Ausprägung erfahren hat […]. Dementsprechend wird der Islamische Unterricht als Werteunterricht auf der Grundlage einer am Grundgesetz und an der Verfassung orientierten Werteordnung nicht von Art. 135 Satz 2 BV untersagt.

81

(d) Die Einführung des Islamischen Unterrichts dürfte auch nicht Art. 137 Abs. 2 BV widersprechen, wonach für Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, ein Unterricht über die allgemein anerkannten Grundsätze der Sittlichkeit einzurichten ist. Entsprechend diesem Verfassungsgebot wurde der Ethikunterricht gemäß Art. 47 Abs. 1 und 2 BayEUG a. F. eingerichtet. Aus Art. 137 Abs. 2 BV lässt sich hingegen wohl kein Verbot entnehmen, für bestimmte Schülergruppen wie Muslime einen eigenen Ethikunterricht einzurichten, bzw. kein Gebot, für alle Schülerinnen und Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, (nur) einen einheitlichen Ethikunterricht anzubieten, sofern auch im Islamischen Unterricht die allgemein anerkannten Grundsätze der Sittlichkeit vermittelt werden […]. Letzteres dürfte aufgrund der Bezugnahme auf Art. 47 Abs. 2 BayEUG n. F. in Art. 47 Abs. 3 Satz 1 BayEUG n. F. gewährleistet sein.

82

(e) Die Einführung des Islamischen Unterrichts dürfte nach dem unter aa) (2) (c) Ausgeführten auch nicht zu einem Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV (i. V. m. Art. 101, 107, 126, 127, 136, 137, 142, 146 BV) führen, da infolge der Freiwilligkeit der Teilnahme am Islamischen Unterricht, der fehlenden Beschränkung auf muslimische Schülerinnen und Schüler sowie der fehlenden Vergleichbarkeit der einzelnen Schülergruppen eine willkürliche Ungleichbehandlung anderer Personen bzw. Religionsgemeinschaften weder dargelegt noch erkennbar ist. […]

83

(f) Die Einführung des Islamischen Unterrichts dürfte nach dem unter aa) (2) (a) und (b) Ausgeführten auch nicht gegen individuelle Freiheitsrechte von Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern (Art. 101, Art. 107, Art. 126 Abs. 1 BV) verstoßen, da keine Teilnahmepflicht besteht. Zudem schützen diese Grundrechte nicht vor neutraler Information über eine bestimmte Religion […]. Ein Grundrechtsverstoß erwächst auch nicht aus dem Umstand, dass anderen Schülerinnen und Schülern kein entsprechendes Fach angeboten wird, da kein Anspruch auf Einrichtung eines bestimmten Schulfachs besteht. Gleiches gilt für Lehrkräfte mit Blick auf deren Berufsfreiheit (Art. 101 BV). […]

84

(g) Die Einführung des Islamischen Unterrichts und die neutrale Information über den Islam dürfte auch nicht die kollektive Religionsfreiheit (Art. 107 Abs. 1 BV) bzw. das Selbstbestimmungsrecht (Art. 142 Abs. 2 BV) von Muslimen […] verletzen.

85

(h) Auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) ist nicht ersichtlich.

86

(aa) Das Änderungsgesetz dürfte dem Parlamentsvorbehalt genügen, weil die wesentlichen, insbesondere grundrechtsrelevanten Entscheidungen für die Einführung des Islamischen Unterrichts durch den Gesetzgeber in Art. 47 BayEUG n. F. geregelt wurden. Die Einführung oder Änderung eines wertegebundenen, insbesondere eines religiös oder weltanschaulich orientierten Unterrichts sowie die Entscheidung darüber, ob und inwieweit das Schulwesen allgemein für religiöse und weltanschauliche Bezüge geöffnet werden soll, muss durch den parlamentarischen Gesetzgeber getroffen werden (vgl. Rux, Schulrecht, 6. Aufl. 2018, Rn. 56). Nach Art. 47 Abs. 1 BayEUG n. F. sind Schülerinnen und Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, verpflichtet, entweder am Ethikunterricht oder am Islamischen Unterricht teilzunehmen. Nach Art. 47 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 BayEUG n. F. wird der Islamische Unterricht als ein Unterricht im Sinn des Art. 137 Abs. 2 BV über die allgemein anerkannten Grundsätze der Sittlichkeit eingerichtet, der im Hinblick auf seine Ziele dem Ethikunterricht entspricht. Er dient der Erziehung der Schülerinnen und Schüler zu werteinsichtigem Urteilen und Handeln. Sein Inhalt orientiert sich an den sittlichen Grundsätzen, wie sie in der Verfassung und im Grundgesetz niedergelegt sind. Im Übrigen berücksichtigt er die Pluralität der Bekenntnisse und Weltanschauungen. Zugleich vermittelt er Wissen über die Weltreligion Islam und behandelt sie in interkultureller Sicht (Art. 47 Abs. 3 Satz 2 BayEUG n. F.).

87

Damit werden die grundlegenden Bildungs- und Erziehungsziele durch den Gesetzgeber formuliert. Die Wesentlichkeitstheorie und der Bestimmtheitsgrundsatz erfordern nicht, dass der Gesetzgeber die einzelnen Lerninhalte und Lernziele der einzelnen Fächer im Gesetz selbst festlegt. […]

88

(bb) Die Änderungsverordnung dürfte sich auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen und sich im Rahmen dieser Ermächtigung halten (vgl. Art. 55 Nr. 2 Satz 3 BV). […]

89

(cc) Soweit die Antragsteller einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot in Form des Grundsatzes der Normenklarheit bzw. des Transparenzgebots rügen, weil mit dem Islamischen Unterricht unter dem Deckmantel eines Werteunterrichts ein konfessioneller Unterricht angeboten werde, trifft dies nach dem unter (2) (a) Ausgeführten nicht zu. […]

90

dd) Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist deshalb nach Maßgabe einer Folgenabwägung zu entscheiden. Diese ergibt, dass die Nachteile, die eintreten würden, wenn die beantragte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Popularklage aber der Erfolg zu versagen wäre, gegenüber den Nachteilen überwiegen, die zu erwarten wären, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Popularklage aber Erfolg hätte. Deshalb ist dem öffentlichen Interesse am vorläufigen Vollzug der angegriffenen Normen – klar – der Vorrang einzuräumen und die beantragte einstweilige Anordnung nicht zu erlassen.

92

Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass auch im Fall eines Erfolgs der Popularklage durch die Abweisung des Eilantrags kein irreversibler Schaden entstünde. Denn die mit der Einführung des Islamischen Unterrichts verbundenen Auswirkungen auf den Schulbetrieb könnten ohne Weiteres wieder rückgängig gemacht werden. Der Ethikunterricht sowie der Islamische Unterricht als alternative Formen des Unterrichts über die allgemein anerkannten Grundsätze der Sittlichkeit im Sinn des Art. 137 Abs. 2 BV decken sich in weiten Teilen und sind gegenseitig anschlussfähig, sodass auch im Fall einer Stattgabe im Hauptsacheverfahren Schülerinnen und Schüler, die sich für eine Teilnahme am Islamischen Unterricht entschieden haben, ohne größere Schwierigkeiten, wenn auch möglicherweise nicht völlig reibungslos, wieder in den Ethikunterricht als der gewohnten Unterrichtsform zurückwechseln könnten. […]

93

Würde die einstweilige Anordnung hingegen erlassen, würde sich auch bei einer nachfolgenden Abweisung der Popularklage die Einführung des Islamischen Unterrichts auf absehbare Zeit verzögern. Der mit der Einführung eines auf Muslime zugeschnittenen Ethikunterrichts – der, wie der Modellversuch zeigt, bei diesen offenbar eine hohe Akzeptanz genießt […] – verfolgte Zweck der (Förderung der) Integration muslimischer Schülerinnen und Schüler könnte dann vom Gesetzgeber nur mit erheblicher Verspätung umgesetzt werden […].

95

Die strengen Voraussetzungen für den von der Antragstellerin begehrten erheblichen Eingriff des Verfassungsgerichtshofs in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers und auch des Verordnungsgebers liegen daher eindeutig nicht vor. […]

96

Um Ihnen ein besseres Nutzererlebnis zu bieten, verwenden wir Cookies. Durch Nutzung dieser Seite stimmen Sie unserer Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.