Unter welchen Umständen dürfen Parolen auf einer Versammlung verboten werden?
Kurzantwort: Parolen auf einer Versammlung können verboten werden, wenn sie gegen allgemeine Gesetze verstoßen, die Jugend gefährden oder die persönliche Ehre verletzen. Vor allem Parolen, die Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zeigen (§ 86a StGB), Volksverhetzung darstellen (§ 130 StGB), zu Straftaten aufrufen (§ 111 StGB) oder Beleidigungen beinhalten (§ 185 StGB) sind betroffen. Mehrdeutige Parolen erfordern eine Bewertung unter Beachtung des Kontexts. Verbotene Äußerungen können strafrechtliche Konsequenzen haben und Versammlungen können unter Umständen aufgelöst werden.
Die Meinungsfreiheit ist das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Sie ist durch Artikel 5 GG garantiert, unterliegt aber bestimmten Schranken. Aus Art. 5 Abs. 2 GG ergibt sich, dass dieses Recht durch allgemeine Gesetze, zum Schutz der Jugend und durch das Recht der persönlichen Ehre eingeschränkt werden kann. Insbesondere Parolen, die bei einer Versammlung geäußert werden, können unter bestimmten Umständen verboten werden. Dies betrifft vor allem Fälle, in denen die Parolen gegen Gesetze verstoßen oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden. Straftatbestände, die durch Parolen erfüllt werden können, sind insbesondere:
- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB)
- Volksverhetzung (§ 130 StGB)
- Öffentliche Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB)
- Beleidigung (§ 185 StGB)
Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, § 86a StGB
Dieser Straftatbestand verbietet das Verbreiten oder öffentliche Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, wie z.B. Nazi-Symbole, aber auch Symbole verbotener Vereinigungen wie z. B. die Hamas.1
Volksverhetzung, § 130 StGB
Volksverhetzung umfasst Äußerungen, die zum Hass gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen aufstacheln oder die Menschenwürde anderer verletzen, indem sie bestimmte Gruppen beschimpfen, böswillig verächtlich machen oder verleumden (z. B. die Parole „Ausländer raus“).2
Öffentlich Aufforderung zu Straftaten, § 111 StGB
Eine öffentliche Aufforderung zu Straftaten liegt vor, wenn jemand in der Öffentlichkeit dazu aufruft, Straftaten zu begehen (z. B. die Aufforderung: „Jetzt ist der Punkt gekommen wo ich sagen würde bevor ihr die Flüchtlinge anzündet zündet mal lieber paar Polizeiwachen ab und am besten die die voll besetzt sind fangt am besten am Jürgens Platz an da sind die meisten“).3
Beleidigung, § 185 StGB
Eine Beleidigung liegt vor, wenn die Ehre einer Person oder Personengruppe verletzt wird. Typische Beleidigungsbeispiele sind Beschimpfungen, Diffamierungen und Kraftausdrücke wie z. B. „Du Sau“, „Du Idiot“. Zudem können auch Gesten wie der Mittelfinger eine Beleidigung darstellen. Auch kann die Behauptung von Unwahrheiten hierunter erfasst sein.
Mehrdeutige Parolen
Darüber hinaus gibt es Parolen, die mehrdeutig ausgelegt werden können. Parolen, die in Verbindung mit Hamas gebracht werden bzw. Kennzeichen der Hamas sind, fallen unter den Straftatbestand des § 86a StGB. Jedoch reicht nicht eine vage Vermutung oder eine einseitige Interpretation einer Parole, um diese als Kennzeichen der Hamas abzustempeln.
- „From the river to the sea, Palestine will be free": Diese Parole kann unter Umständen als Aufruf zur Beseitigung des Staates Israel interpretiert werden. Es gibt jedoch dazu unterschiedliche juristische Einschätzungen. So entschied z. B. der Bayerische VGH, dass ein pauschales Verbot dieser Parole unzulässig sei.4 Vielmehr ist der Kontext zu beachten, aus dem sich eine strafbare Anwendung der Parole aufdrängt bzw. ein konkreter Bezug zur Hamas. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied hingegen, dass die Parole ein Kennzeichen der Hamas als auch Samidoun. Beide Vereinigungen hätten sich die Parole durch „ständige Übung“ zu eigen gemacht.5
Wer verbotene Parolen äußert, kann strafrechtlich verfolgt werden. Strafen umfassen Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen. Versammlungen können unter Umständen aufgelöst werden und die Organisatoren der Versammlung können zur Verantwortung gezogen werden. Polizei und Ordnungsbehörden überwachen Versammlungen und greifen bei verbotenen Parolen ein. Veranstalter sollten im Vorfeld Maßnahmen treffen, um verbotene Äußerungen zu verhindern.
1 Bekanntmachung eines Vereinsverbots gemäß § 3 des Vereinsgesetzes Verbot der Vereinigung „HAMAS (Harakat al-Muqawama al-Islamiya)“ v. 2. November 2023.
2 OLG Brandenburg, Urteil v. 28. 11. 2001, Az. 1 Ss 52/01.
3 AG Düsseldorf, Urteil v. 24.10.2016, Az. 135 Ds 80 Js 530/16 - 247/16.
4 VGH München, Bayern v. 26.06. 2024, Az. 10 CS 24.1062.
5 VG Düsseldorf, Urteil v. 25.09.2024, Az. 18 K 8760/23.