Einbürgerung trotz Spenden an ein islamisches Kulturzentrum
Die Einbürgerung einer Person, die regelmäßig eine Moschee zum Freitagsgebet besucht, dessen Besucher und Mitglieder nicht nur fundamentalistischer Ausrichtung sind, sondern sich auch unterschiedlichste Strömungen innerhalb des Islam zugehörig fühlen, kann nicht bereits deshalb versagt werden, weil der Einbürgerungsbewerber regelmäßig beim Freitagsgebet für die Unkosten der Moschee Geld gespendet hat. (Leitsatz der Redaktion)
Beschluss: Der Antrag der Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen - 4. Kammer - vom 06.03.2017 zuzulassen, wird abgelehnt. […]
Gründe: |
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Ein Grund, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, ist nicht ersichtlich. |
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Die Beklagte macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Danach ist die Berufung nur zuzulassen, wenn mit dem Zulassungsantrag ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird […]. Dies ist nicht erfolgt. |
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Die Beklagte hält mit ihrem Zulassungsantrag daran fest, dass die Einbürgerung des Klägers nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ausgeschlossen sei, weil tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger Bestrebungen unterstütze bzw. unterstützt habe, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien. Die Beklagte bezieht sich insoweit zum einen auf den Umstand, dass der Kläger bei seinen Besuchen der Freitagsgebete im Islamischen Kulturzentrum („IKZ“) Geld gespendet habe. Zum anderen bezieht sie sich auf eine aus ihrer Sicht durch eine Mitgliederliste aus dem Jahr 2005 nachgewiesene Mitgliedschaft des Klägers im IKZ. Durch die Geldspenden habe der Kläger zum Erhalt und Fortbestand eines Moscheevereins beigetragen, der verfassungsfeindliche Ziele verfolge. Im Hinblick auf seine (ggf. frühere) Mitgliedschaft fehle es an einer klaren Distanzierung des Klägers von den im IKZ bestehenden verfassungsfeindlichen Strömungen. |
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Die Beklagte hat eine tragende Feststellung des Verwaltungsgerichts nicht schlüssig in Frage gestellt. |
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In tatsächlicher Hinsicht erfolgte im Zulassungsverfahren kein neuer Vortrag. Unstreitig ist, dass der Kläger in dem Zeitraum Ende 2009 bis Herbst 2013 gelegentlich das IKZ vor allem anlässlich der Freitagsgebete besucht hat. Nach den Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz soll dies an insgesamt 17 Tagen der Fall gewesen sein. Unstreitig ist auch, dass der Kläger anlässlich dieser Besuche Geld gespendet hat. In der mündlichen Verhandlung hat er hierzu erklärt, dass bei den Freitagsgebeten jemand herumgehe und z. B. für die Unkosten der Moschee Geld sammle. So wie alle anderen Besucher habe auch er in diesem Rahmen Geld gegeben. Eine Mitgliedschaft im IKZ hat der Kläger bis zuletzt bestritten. Zu der von der Beklagten vorgelegten Mitgliederliste aus dem Jahr 2005 hat er erklärt, sich nicht erklären zu können, wie sein Name auf die Liste gekommen sei. In der Verwaltungsakte finden sich Angaben dazu, wie die Liste aufgefunden wurde. Von wem und auf welcher Grundlage sie erstellt worden ist, ist offen geblieben. Anhaltspunkte für ein Engagement des Klägers im IKZ in herausgehobener Position haben sich im Verfahren nicht ergeben. |
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In rechtlicher Hinsicht hat das Verwaltungsgericht sich auf den zutreffenden Standpunkt gestellt, dass sich aus dem bloßen Besuch von Freitagsgebeten im IKZ keine tatsächlichen Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen ergeben. Etwas anderes macht auch die Beklagte nicht geltend, die ausweislich ihrer Zulassungsbegründung selbst davon ausgeht, im IKZ herrschten neben einer jedenfalls zwischenzeitlich fundamentalistischen Ausrichtung […] unterschiedliche Strömungen und Glaubensrichtungen, was im Hinblick auf die Besucher der Freitagsgebete wegen deren hohen Zahl auch naheliegt. |
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Hinsichtlich der Geldspenden hat sich das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend auf den Standpunkt gestellt, dass solche Spenden anlässlich der Freitagsgebete üblich seien und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, der Kläger habe mit ihnen die vermutlich verfassungsfeindliche Tätigkeit des IKZ unterstützt bzw. unterstützen wollen. Auch dies ist ohne weiteres nachvollziehbar und überzeugend. Der Beklagten ist es nicht gelungen, diese Erwägung in Zweifel zu ziehen. Soweit sie sich insoweit auf die Rechtsprechung des BVerwG beruft […], stützt diese die Schlussfolgerungen der Beklagten gerade nicht. Nach dieser Rechtsprechung, der auch der Senat folgt, sind nur solche Handlungen ein Unterstützen, die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genannten Bestrebungen vornimmt. Dies bedeutet, dass die eine Unterstützung der Vereinigung, ihrer Bestrebungen oder ihrer Tätigkeit bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein müsse. An entsprechenden Feststellungen im Hinblick auf den Kläger fehlt es vorliegend gerade. Dass sie im Rahmen eines Berufungsverfahrens gewonnen werden könnten, ist nicht ersichtlich und macht auch die Beklagte nicht geltend. |
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Zuletzt begründet auch die Würdigung der angeblichen (früheren) Mitgliedschaft des Klägers im IKZ durch das Verwaltungsgericht keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat die Frage der Mitgliedschaft letztlich offen gelassen. Aufgrund der Inhomogenität der im IKZ bestehenden Glaubensrichtungen könne aus der bloßen Mitgliedschaft ohnehin nicht der Schluss gezogen werden, der Kläger sei dem politischen Salafismus zuzuordnen. Diese Schlussfolgerung stellt die Beklagte nicht dadurch schlüssig in Frage, es fehle an einer eindeutigen Distanzierung von der verfassungsfeindlichen Ausrichtung des IKZ. Der Kläger ist zu seinen religiösen und politischen Einstellungen im Verlaufe des mehrere Jahre dauernden Verwaltungsverfahrens mehrmals ausführlich befragt worden. Sie waren auch noch einmal Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Der Kläger hat sich ausweislich der insoweit geführten Protokolle klar zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt und gleichzeitig von einer dazu im Widerspruch stehenden fundamentalistischen Auslegung des Islam abgegrenzt. Warum dieses Bekenntnis unglaubhaft sein sollte und welchen Erkenntnisgewinn ein Berufungsverfahren erbringen könnte, legt der Zulassungsantrag nicht hinreichend dar. […] |
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